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Jobbik-Anhänger - hier bei einer Demo gegen die EU - sind häufig gut gebildet, überdurchschnittlich jung und wirtschaftlich relativ gut gestellt.

Foto: REUTERS/Laszlo Balogh

Die Jobbik-Partei fordert die Wiedereinführung der Todesstrafe, träumt von der Wiederherstellung "Großungarns" und darf laut einem Gerichtsurteil sogar als neonazistisch bezeichnet werden. Selbst der FPÖ ist die Jobbik ein zu heißes Pflaster, Parteichef Strache will mit dieser "keinerlei Partnerschaft" eingehen.

Doch wer meint, deren Unterstützer seien vor allem die Älteren, Bildungsfernen und schlecht Verdienenden, der irrt gewaltig: Genau das Gegenteil ist der Fall. Jeder dritte ungarische Student würde sein Kreuzerl bei ihnen machen, bei den Wählern unter 26 Jahren ist die Jobbik laut Umfragen gar die beliebteste Partei.

Máté ist Aktivist

"Die beiden Großparteien sind veraltet und haben für Jugendliche keinen Reiz. Viele sind frustriert von den Korruptionsskandalen der Regierungen seit dem Fall des Kommunismus", begründet der 22-jährige Kulifai Máté das Erfolgsrezept der Rechtsradikalen.

Máté ist Aktivist der "Stimme gegen die Jobbik!"-Bewegung. Das Bündnis hielt am Vortag der Wahl eine Pressekonferenz in einer Budapester Bar ab, zu der sich ein Dutzend Journalisten eingefunden hat. Die Initiative setzt sich vor allem aus Schülern und Studenten zusammen und möchte möglichst viele Leute motivieren, wählen zu gehen - und zwar egal wen, nur nicht die Jobbik-Partei.

In einer Aktion hat das Bündnis auf offener Straße die Rede eines Jobbik-Abgeordneten vorgelesen, in der vor den Gefahren der "jüdischen Weltverschwörung" gewarnt wird. Anschließend fragten sie Passanten, wen sie für den Urheber des Zitats hielten. Die häufigste Antwort lautete: "Adolf Hitler". "Das Auftreten der Jobbik, ihre Rhetorik und ihre Hetze sind eins zu eins vergleichbar mit denen der Nazis", sagt Máté, der als Buchhändler arbeitet.

Rechten im Internet

Der 20-jährige Sebestény hingegen hält die Radikalität der Jobbik-Partei für notwendig, schließlich müsse man oft "ein wenig provozieren", um in der heutigen Zeit Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Der Lehramtsstudent ist selber Jobbik-Sympathisant: "Die Arbeitslosigkeit nimmt gerade unter Jugendlichen drastisch zu. Immer mehr junge Ungarn flüchten ins Ausland und versuchen dort ihr Glück. Die Jobbik ist die einzige Partei, die diese Problematik ernst zu nehmen scheint."

Im Internet sind die Rechten bereits mit Abstand am präsentesten, auf Facebook kommen sie auf 250.000 Likes. Weiters gilt laut einer Umfrage das rechtsradikale Nachrichtenportal "kuruc.info", das offen für die Jobbik wirbt, als beliebteste Seite unter ungarischen Studenten. Auf der Suche nach Informationen kann man dort unter anderem die Punkte "Zigeunerkriminalität" und "Judenkriminalität" anklicken.

"Unzufriedenheit mit der Elite"

Der Politologe Daniel Rona von der Budapester Corvinus-Universität glaubt jedoch, dass der Vormarsch von Jobbik nicht im Zusammenhang mit der schlechten wirtschaftlichen Lage steht. In seiner Umfrage unter 1700 Studenten fand er heraus, dass ein Gros ihrer Anhänger zu den relativ wohlhabenden Studenten gehört.

Bei ihnen spiele vielmehr die "Unzufriedenheit mit der Elite" und ein mangelndes Demokratiebewusstsein eine Rolle. Während 2008 noch die Hälfte der Studenten erklärten, die Demokratie sei besser als alle anderen politischen Systeme, waren es 2012 nur mehr 39 Prozent. Bereits ein Drittel der Befragten gab an, die "Diktatur sei besser als die Demokratie". (Andreas Pigl (19) aus Budapest, DER STANDARD, 7.4.2014)