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Bürger haben immer wieder gegen die Vorratsdatenspeicherung protestiert.

Foto: EPA/BRITTA PEDERSEN

Der EuGH könnte am (morgigen) Dienstag die umstrittene Vorratsdatenspeicherung endgültig zu Fall bringen. Der Generalanwalt hatte im Dezember des Vorjahres die Möglichkeit einer Speicherung von Telefondaten bis zu zwei Jahren als zu großzügig kritisiert. Wenn das Urteil am Dienstag von dieser Ansicht nicht abweicht - was in 80 Prozent der Fälle geschieht - muss die EU ihre Richtlinie reformieren.

Unvereinbarkeit mit der Charta der Grundrecht

Zentraler Kritikpunkt ist die Unvereinbarkeit mit der Charta der Grundrechte der EU. Die Charta legt fest, dass jede Einschränkung der Ausübung eines Grundrechts gesetzlich vorgesehen sein muss. Der Generalanwalt der Europäischen Gerichtshofs, Pedro Cruz Villalon, hatte die Vorratsdatenspeicherung als "qualifizierten Eingriff in das Privatleben" der EU-Bürger bezeichnet. Die Auswertung der personenbezogenen Daten ermögliche "eine ebenso zuverlässige wie erschöpfende Kartografie eines erheblichen Teils der Verhaltensweisen einer Person, die allein ihr Privatleben betreffen, oder gar ein komplettes und genaues Abbild der privaten Identität dieser Person zu erstellen".

Daten von Providern gespeichert

Es bestehe die Gefahr, dass die Daten "zu rechtswidrigen, potenziell die Privatsphäre verletzenden oder - allgemeiner - betrügerischen oder gar heimtückischen Zwecken verwendet werden". Die Daten würden nicht von den Behörden unter ihrer Kontrolle, sondern von den Providern gespeichert. So sehe die EU-Richtlinie auch nicht vor, dass die Daten in einem EU-Staat gespeichert werden müssten. Sie könnten auch "an unbestimmten Orten im virtuellen Raum akkumuliert werden". Daher hätte die EU zunächst "die Grundprinzipien zu definieren, die für die Festlegung der Mindestgarantien zur Beschränkung des Zugangs zu den erhobenen und auf Vorrat gespeicherten Daten und ihrer Auswertung gelten sollten".

Speicherfristen

Eine grundsätzlichen Einwand formulierte der EuGH-Generalanwalt zu den Speicherfristen. Die in der EU-Richtlinie festgelegte maximale Speicherdauer von zwei Jahren - die Untergrenze beträgt sechs Monate - sei ohne außergewöhnliche Umstände "nicht erforderlich"" und mit den Anforderungen der Grundrechtecharta unvereinbar. Es genüge auch nicht, die Verantwortung auf die EU-Staaten abzuwälzen, die für die Umsetzung der Richtlinie und die Festsetzung der Speicherdauer zuständig sind.

Der Generalanwalt betonte, er habe "keine hinreichende Rechtfertigung dafür gefunden, dass die von den Mitgliedstaaten festzulegende Frist für die Vorratsdatenspeicherung nicht innerhalb eines Rahmens von weniger als einem Jahr bleiben sollte". Eine völlige Abschaffung der Richtlinie lehnt der Generalanwalt aber ab, es sollten vielmehr die Mängel repariert werden.

Abkehr von "Überwachungsphantasien"

In Österreich hatte der Bericht der Schlussantrag des EuGH-Generalanwalts Erleichterung ausgelöst. Die Rechtsanwaltskammer betonte, nur eine Abkehr von "Überwachungsphantasien" wie der Vorratsdatenspeicherung könne das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat gewährleisten. Sorge gebe es angesichts der "Gier nach Daten der Bürger", hatte ÖRAK-Präsident Rupert Wolff erklärt.

Johann Cas vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Akademie der Wissenschaften in Wien kritisierte, dass Bürger überwacht würden, ohne darüber gefragt worden zu sein. Durch die Vorratsdatenspeicherung werde mindestens für ein halbes Jahr rückverfolgbar, mit wem man kommuniziert habe. Durch diese Daten könne man herausfinden, in welchen Kreisen wir verkehren. "Man hat immer schon vermutet, dass viel überwacht wird, durch die Aufdeckung von Edwad Snowden wurde nun belegt, dass die Möglichkeiten zur Gänze genutzt werden", so Cas, der das EU-Projekt SurPRISE leitet. (APA, 7.4.2014)