Wie eine Marionette der Regierung tritt Irmgard Griss nicht auf. Gefällig lächelnd, aber selbstbewusst pocht die Chefin der Hypo-Kommission auf Unabhängigkeit - so resolut, dass sich der Auftraggeber glatt düpiert fühlen könnte. Das Finanzministerium dürfe sich keinerlei Sonderbehandlung erwarten, erklärt sie coram publico: Informationen über Ergebnisse gebe es erst dann, wenn sie auch die allgemeine Öffentlichkeit bekommt.

Griss nützt die ersten Auftritte geschickt, um ihrem formell machtarmen Gremium gefühlte Autorität zu verleihen: Indem sie vorsorglich rote Linien zieht, schränkt sie den Spielraum für Interventionsversuche ein - fliegt ein Politiker auf, zählen keine Ausreden mehr. Die internationale Besetzung beugt dem Verdacht der Mauschelei vor, überdies hat das honorige Aufklärerquintett einen Ruf zu verlieren. Eine ehemalige Höchstrichterin, ein Uni-Professor, ein Spitzenbanker: Sie alle haben sich auf das Abenteuer wohl kaum eingelassen, um mit einem windelweichen Wischiwaschi-Bericht ihren Namen zu ruinieren.

Die Voraussetzungen sind also gut, dass Griss' Team mit seiner Arbeit beide Seiten überrascht: die vielen Kritiker, die in der Kommission von der Regierung Gnaden nur ein "Placebo" zu erkennen glaubten, ebenso wie jene Koalitionspolitiker, die sich nachsichtige Behandlung erhofft haben mögen; ihnen könnte die vermeintliche Beruhigungspille für die erbosten Massen noch im Magen liegen.

Den von der Opposition geforderten Untersuchungsausschuss kann das Komitee dennoch nicht ersetzen. So couragiert Griss & Co auch auftreten mögen, letztlich halten sie stumpfe Waffen in Händen: Weder können sie die Auskunft von Zeugen noch die Herausgabe von Akten erzwingen. Das Parlament hat weitaus mehr Macht, um entscheidende Untersuchungslücken zu schließen.

Außerdem ist die Besetzung der Kommission willkürlich und einseitig. Dabei muss man gar nicht so weit gehen und Komplizenschaft unterstellen: Aber ein Ex-Direktor der Deutschen Bank, wie er nun unter den Aufklärern ist, hat einen anderen Blickwinkel auf die Umtriebe der Finanzwirtschaft als ein Kapitalismuskritiker von außen. Eine parlamentarische Untersuchung garantiert ein breites Spektrum an Perspektiven - und entsprechende Fragen.

Ungeeignet ist die Kommission, wie die Vorsitzende selbst sagt, für die Klärung der politischen Verantwortung. Eine absolut gültige Antwort, die ein Weisenrat quasi amtlich festlegen könnte, gibt es auf diese Frage nicht, viel hängt von der Interpretation ab. Der Abtausch der Argumente in einem U-Ausschuss bietet den Bürgern die Chance, sich selbst ein Bild zu machen; konsequenterweise sollten die Sitzungen im Fernsehen übertragen werden.

Ja, die Opposition wird dabei den einen oder anderen Showkampf abziehen - na und? Wer das Argument der Koalitionspolitiker als Verhinderungsgrund für einen Hypo-U-Ausschuss ernst nimmt, müsste im Parlament gleich auch das gesamte Plenum zusperren. (Gerald John, DER STANDARD, 10.4.2014)