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Subtiler Sänger: Gregory Porter.

Foto: AP/Shawn Peters

Wien - Ein paar akustische Unmutsäußerungen gab es im Konzerthaus, als die Band von Gregory Porter hereinspazierte. Nebst nettem Vorprogramm hatte auch eine Umbaupause an den Nerven gezerrt; die Sache hatte sich also eher unsympathisch verzögert. Als der US-Sänger hereinschlenderte, gab es jedoch keinen bösen Ton mehr. Alles andere hätte auch überrascht, Porter kommt allürenfrei und sympathisch rüber.

Zurzeit ist er außerdem der angesagteste Sänger im Bereich des souligen Jazz; ein Künstler, der die Botschaft der 1960er-Jahre in die Gegenwart transportiert und den jazzigen Mainstreamraum gediegen besetzt, ohne allerdings allzu glatt und harmlos zu wirken.

Wenn er sich einen Klassiker wie den Work Song (von Nat Adderley) vornimmt, schafft er mit der exquisiten Band eine hitzig-epische Version. Er bleibt jedoch auch hier, bei aller Emphase, weit entfernt von extremer vokaler Exaltation - wie etwa auch bei Hit the Road Jack, einem Song, den man in der aufgeladenen Version von Ray Charles in Erinnerung haben mag. Porter, im Auftreten ein paradoxer Mix aus Lockerheit und Schüchternheit, ist eben der Advokat des Samtig-Weichen, seine Stimme tendiert immer zu Gediegenheit und Klarheit; in jeder Stimmlage bleibt das Timbre folglich kultiviert und entspannt.

Dieser Zugang bewirkt bei diskreten Balladen die magischsten Augenblicke: Hier schafft Porter Intimität durch so unaufdringlichen wie gleichzeitig subtil-intensiven Legatostil. Hin und wieder, wenn er einzelne Textpassagen (im Stile eines Instrumentalisten) die Form von Sechzehntelnotenketten verleiht, merkt man indes, dass hier einer mehr ist als ein netter Crooner. Porter ist vielmehr ein Vokalist, der die Errungenschaften des Jazz zwischen Bebop, Soul Jazz und modalem Stil (eines John Coltrane) studiert und verinnerlicht hat. Um sie unnachgiebig, aber doch zugänglich zu präsentieren. Nachzuhören etwa auf der aktuellen CD Liquid Spirit. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 11.4.2014)