Sefc: von Pflanzen zur Fortpflanzung.

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Als "eine Aneinanderreihung von glücklichen Umständen" bezeichnet Kristina Sefc (42) vom Institut für Zoologie der Universität Graz ihre Karriere. Tatsächlich verlief ihre Laufbahn auf wenig vorhersehbaren Bahnen: Nach Kindheit und Gymnasialzeit im niederösterreichischen Mostviertel studierte sie an der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) Landwirtschaft mit Spezialisierung auf Pflanzenzucht. Dabei fing sie an, sich für Gewebekulturen im Wein zu interessieren. Nach ihrer Diplomarbeit, bei der sie versuchte, aus einzelnen Zellen ganze Pflanzen zu ziehen, war sie "total auf Wein eingeschossen", wie sie sagt.

Dementsprechend blieb sie ihm auch nach vollendeter Diplomarbeit treu. Am Boku-Zentrum für Angewandte Genetik identifizierte sie auf genetischem Weg nicht nur Weinsorten aus ganz Europa, sondern verfolgte sie über mehrere Generationen in die Vergangenheit zurück. Dabei gelang es ihr auch, eine alte Streitfrage um deren Entstehung zu klären, nämlich: Stammen die europäischen Reben von Sorten ab, die aus dem Nahen Osten, wo der Weinbau quasi erfunden wurde, importiert wurden, oder von den einst allerorten wachsenden Wildreben? Wie Sefc genetisch nachweisen konnte, ist unser heutiger Wein tatsächlich "hausgemacht".

Diese Arbeiten öffneten ihr auch den Weg zu einem sechsmonatigen Forschungsaufenthalt auf den Azoren. An der dortigen Universität entwickelte sie genetische Marker, um die beim Wein gemachten Untersuchungen auch für Olivenbäume zu ermöglichen. "Es war toll", erinnert sie sich, auch wenn "die Uhren dort manchmal ein bisschen anders ticken": So konnte es mehrere Wochen dauern, bis vom Festland bestellte Chemikalien die 20 Kilometer lange Distanz vom Flughafen bis ins Labor überwanden. "Mein Chef hat dann gesagt: 'Geh schwimmen'", erzählt Sefc, "da lernt man Geduld."

Schnell sein musste sie allerdings bei dem Umstieg von der Landwirtschaft in die Biologie, den sie danach vollzog: Weil sie die populationsgenetischen Methoden, die sie beim Wein gebraucht hatte, "sachgemäß anwenden" wollte, suchte sie eine Postdoc-Stelle in jenem Fach, für das die Methoden eigentlich entwickelt worden waren: die Biologie. Mithilfe eines Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendiums des Wissenschaftsfonds FWF forschte sie drei Jahre in den USA an der Universität Boston im Bereich Evolutionsbiologie von Vidua-Finken.

2003 bot man ihr eine Assistentenstelle am Institut für Zoologie an der Universität Graz an - obwohl sie keine Zoologin ist. "Innerhalb von sechs Wochen musste ich Vorlesungen halten", erinnert sie sich, "in der Zeit habe ich nicht viel geschlafen." Der Einsatz hat sich jedoch gelohnt: Seit vergangenem November ist sie Universitätsprofessorin.

Ihre evolutionsbiologischen Studien macht sie jetzt an Buntbarschen, unter anderem in Hinblick auf ihre höchst unterschiedlichen Fortpflanzungsstrategien. Der "Rekordhalter" dabei ist eine Art, bei der eine Brut von zehn verschiedenen Vätern stammen kann, um die sich aber nur der soziale Partner des Weibchens kümmert. Für ihre Leistungen hat Kristina Sefc kürzlich den Josef-Krainer-Würdigungspreis erhalten.

Wein trinkt sie immer noch gern - "in bescheidenen Mengen", wobei sie die Sorten "immer noch besser an ihrer DNA als am Bouquet" erkennt. (Susanne Strnadl, DER STANDARD, 16.4.2014)