Lehrer, Eltern, Schüler, Landeshauptleute, Experten, Medien und die eigenen Genossen: Das waren ein bisschen viele Gegner für eine einzelne Bildungsministerin. Im Bemühen um österlichen Frieden hat Gabriele Heinisch-Hosek, wohl in Rücksprache mit ihrem Parteichef, deshalb die Notbremse gezogen und ihre Sparpläne erst einmal abgeblasen. Sie fängt damit wieder am Anfang an: Auf diversen Gipfeln will sie sich nun gemeinsam mit den Kritikern auf die Suche nach den vom Nulldefizit geforderten Millionen machen.

Das hätte die SPÖ billiger haben können als über den Umweg gnadenloser Selbstbeschädigung. Kürzungen in den ohnehin schon kurzgehaltenen Schulen: So etwas kann einer Partei, die seit 125 Jahren und besonders forsch im Wahlkampf den Wert von Bildung predigt, nur im Zustand politischer Umnachtung einfallen. Die sozialdemokratische Führung hat mit Bravour nachgeahmt, was der Koalitionspartner ÖVP mit seiner von Unternehmerbelastung gefolgten Entfesselungskampagne vorexerzierte: den gezielten Schuss ins eigene Knie.

Die Ausrede, dass doch der böse Finanzminister schuld sei, zählt nicht. Natürlich zeugt es von eher schlichtem Amtsverständnis, dass Michael Spindelegger im Ressort mit dem größten Gestaltungspotenzial nichts Klügeres anstellt, als mit der Sense über die Budgets aller Ministerien einheitlich drüberzusäbeln. Doch die rote Regierungshälfte hat den Sparvorgaben auf Euro und Cent zugestimmt - auch wenn Werner Faymann, den Schweigekanzler reloaded, all das nun nichts mehr anzugehen scheint.

Heinisch-Hosek hat mit ihrem Rückzieher eine Atempause erreicht, mehr aber schon nicht. Die vereinbarten 117 Millionen muss sie ja weiterhin einsparen - und die Bildung bleibt dafür der falsche Ort. Die Ministerin kann lange mit den Ländern und den Schulpartnern reden, ohne Qualitätsverlust wird sie die Summe nicht zusammenkratzen. Das zu 92 Prozent von Personalkosten aufgefressene Budget lässt kaum Spielraum offen, und der stets beschworene Bürokratieabbau verspricht kein schnelles Geld. Bestenfalls wird Heinisch-Hosek das Leiden lindern können - wenn überhaupt.

Die heimischen Schulen brauchen aber nicht nur kein Sparpaket, sondern massive Investitionen. Für diese Erkenntnis braucht man keine Studien zu wälzen, die Leseschwächen als Breitenphänomen outen, dafür reichen Erfahrungsberichte von Eltern und Lehrern. Vor allem an vielen Pflichtschulen herrscht Überforderung, es fehlen Raum, Mittel und Personal. Wollte die Republik - ein Gebot der Stunde - Ganztagsschulen einrichten, die diesen Namen verdienen, müsste sie Lehrer en masse einstellen.

In den vergangenen Jahren hat die Regierung da und dort ein Schäuferl draufgelegt, eine echte "Bildungsoffensive" fand aber nur in der rot-schwarzen PR statt: Schon der alte Budgetplan, der nun verschärft werden soll, sah real stagnierende Ausgaben vor.

Dass auch Landeshauptleute aus SPÖ und ÖVP darauf pochen, in den Staatsausgaben von 160 Milliarden geeignetere Posten zum Sparen als die Schulen zu suchen, gibt wenig Hoffnung. Beim Durchpeitschen von Budgetbeschlüssen blickt die Koalition auf eine lange Tradition zurück - und die Weichen sind gestellt. Nimmt Kanzler Faymann die von ihm propagierten Werte ernst, hätte er eines schon vor Wochen machen müssen: die Sparvorgaben für die Bildung ablehnen. (Gerald John, DER STANDARD, 18.4.2014)