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Nur 13 Jahre nach seiner Errichtung soll das American Folk Art Museum neben dem Museum of Modern Art auch schon wieder abgerissen werden. Der Unmut ist groß.

Foto: APA/EPA/ANDREW GOMBERT

New York - Das nur wenige Wochen nach den Terroranschlägen des 11. September eröffnete neue Gebäude des American Folk Art Museums, des bedeutendsten Ausstellungshauses für US- und lateinamerikanische Volkskunst in den USA, mitten in Manhattan wurde als "Architektur-Sensation" gefeiert und vielfach ausgezeichnet. Keine 13 Jahre später wird das Folk Art Museum abgerissen - von seinem berühmten Nachbarn, dem Museum of Modern Art (MoMA).

Die Entscheidung sorgt in der Millionenmetropole für heftige Diskussionen. Vielen New Yorkern ist das kleine Gebäude, das nach den Anschlägen einen Funken Hoffnung brachte, ans Herz gewachsen. Als "Erleichterung" in einem Straßenblock voller riesiger Glas-Hochhäuser, bezeichnete es die "New York Times". Aber das MoMA will wachsen - und es muss wachsen, denn die Besucherzahlen haben sich im vergangenen Jahrzehnt auf knapp drei Millionen pro Jahr fast verdoppelt. 2004 erweiterte der japanische Architekt Yoshio Taniguchi das derzeitige Museumsgebäude auf rund das doppelte seiner vorherigen Fläche. Seit dem vergangenen Jahr hat das MoMA auch dienstags geöffnet und damit nun jeden Tag - und trotzdem bilden sich Tag für Tag lange Schlangen und schieben sich Menschenmassen dicht gedrängt durch die Räume.

Schon 2011 hatte das MoMA daraufhin dem hoch verschuldeten Folk Art Museum dessen Gebäude abgekauft. Das Museum für Werke autodidaktischer Künstler zog rund zehn Straßenblocks höher in die Nähe des Lincoln Centers. Man werde prüfen, wie man das architekturpreisgekrönte Gebäude erhalten und in das Gesamtkonzept des MoMA einbinden könne, versprach Direktor Glenn Lowry damals. Aber Anfang des Jahres gab das Museum bekannt: Das Folk Art Museum muss weg. Es gebe keine andere Möglichkeit als einen Abriss, um einen "voll integrierten Campus" zu schaffen, sagte Lowry. Rund 3.700 Quadratmeter mehr Fläche will das MoMA sich so schaffen.

Umstrittener Abriss

Der Protest ist riesig. Architektur- und Kunstfans werfen dem MoMA Profitgier vor. Das Museum gleiche inzwischen mehr einer Shopping-Mall und sei nur noch auf Touristen und nicht mehr auf New Yorker ausgerichtet, die es früher als eine Art heilige Kathedrale und Oase betrachteten, macht einer seinem Ärger in der "New York Times" Luft. Andere widersprechen. Das Folk Art Museum sei sowieso kein Meisterwerk gewesen.

Der Abriss spaltet nicht nur Architektur-Fans, sondern auch die eigentlichen Architekten. Das Folk Art Museum sei eines "ihrer wichtigsten Gebäude gewesen", sagt Tod Williams, der es gemeinsam mit seiner Partnerin Billie Tsien entworfen hat. "Klar, alle Gebäude werden eines Tages zu Staub zerfallen, aber dieses hätte wiederverwendet werden können. Leider waren die Kreativität und der Wille nicht da." Dass ein so gefeiertes Gebäude nach so kurzer Zeit und noch zu Lebzeiten der Architekten wieder abgerissen wird, sei äußerst selten, sagt die Architektur-Beraterin Karen Stein. "Jeder in der Branche redet darüber. Ich kenne keine vergleichbare Situation."

Pikantes Detail am Rande

Und die Situation ist noch pikanter: Ausgerechnet ein mit Williams und Tsien befreundetes Architektenpaar, Ricardo Scofidio und Liz Diller, ist mit der Erweiterung des MoMA beauftragt worden. Die Vier hatten zur gleichen Zeit ihre Karrieren gestartet, hatten sich gegenseitig zum Essen eingeladen und waren zusammen verreist - und jetzt lässt das eine Paar das Haus des anderen abreißen. Die beiden Paare redeten nicht mehr viel miteinander, heißt es aus Architekten-Kreisen. "Niemand kann in dieser Situation gewinnen", kommentiert der Star-Architekt Peter Eisenman.

Immerhin einen Schritt ist das MoMA auf seine Kritiker zugegangen: Die Paneelen der Fassade, der am meisten gefeierte Teil des Gebäudes, sollen abmontiert und aufgehoben werden, zunächst in einem Lager. Nina Libeskind, Ehefrau und Business-Partnerin des Star-Architekten Daniel Libeskind, setzt sich derzeit dafür ein, dass sie bald wieder prominent zu sehen sein werden - zum Beispiel am PS1, der Außenstelle des MoMA im Stadtteil Queens. "Die Fassade war ein wesentlicher Bestandteil des Stadtbilds von New York. Sie ist ein wertvolles Stück Architektur und sollte bewahrt werden." (APA, 21.04.2014)