Anhaltender Stress am Arbeitsplatz ist ein besonders häufiger Grund für lange Krankenstände, die mit durchschnittlich 31,9 Tagen rund dreimal so lange dauern wie Krankenstände, die durch körperliche Beschwerden verursacht werden. Obwohl Krankenstände insgesamt weniger werden, nehmen Krankenstände auf Grund typischer psychischer Belastungen drastisch zu. Echte Krankmacher sind beispielsweise Zeitdruck, Lärm, Multitasking, mangelnde Arbeitsorganisation bzw. schlechtes Arbeitsklima. Die Folgen reichen von Depressionen und Schlafstörungen über Burnout und Magen-Darm-Störungen bis hin zu gefährlichen körperlichen Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf- und Muskel-Skelett-Erkrankungen. 

Betriebswirtschaftlicher Aspekt

"Stress und psychische Belastungen am Arbeitsplatz als nicht wichtig abzutun kann teuer kommen", rechnet Anna Ritzberger-Moser, Sektionsleiterin der Arbeitsinspektion im Sozialministerium, vor. "Die Verringerung der Produktivität, die Erhöhung der Personalfluktuation, vermehrte Fehlzeiten und erhöhte Unfallgefahr führen auch zu massiven finanziellen Einbußen", so die oberste Arbeitsinspektorin. Ein zeitgemäßes, zugleich kostengünstiges Instrument, um dagegen anzukämpfen, ist die Prävention. So zeigt eine aktuelle Studie der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung, an der sich Unternehmen aus 19 Ländern, darunter auch Österreich, beteiligten, dass jeder Euro der für Prävention ausgegeben wird, mehr als das Doppelte an Einsparungen mit sich bringt. 

Arbeitsinspektoren unterwegs

Bei den Kontrollen des Arbeitsinspektorates wurde bereits viel erreicht. Wurden im Jahr 2012 insgesamt 3040 Betriebe geprüft, waren es 2013 bereits 5600, was einer Steigerung von 54 Prozent entspricht. "Das Arbeitsinspektorat wird diese Kontrollen unvermindert fortsetzen, aber nicht mit erhobenen Zeigefinger, sondern vielmehr als Partner, der kompetente Beratung anbietet. Insgesamt stehen österreichweit 320 MitarbeiterInnen als Ansprechpartner zur Verfügung, die unterstützen und die Evaluierung begleiten"

EU-Gesundheitskampagne

Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz mit Sitz in Bilbao, die von der Österreicherin Christa Sedlatschek geleitet wird, rückt das Thema aufgrund seiner Dringlichkeit ebenfalls in den Fokus. Die aktuelle und bislang weltweit größten Kampagne zum Thema Arbeitsschutz "Gesunde Arbeitsplätze - den Stress managen", wurde Anfang April in Brüssel vorgestellt. Wichtiger Bestandteil der Kampagne ist ein Wettbewerb, bei dem Unternehmer ihre besten Lösungsvorschläge zum Thema Stressmanagement einreichen können und damit die Chance haben, als Top-Arbeitgeber Europas ausgezeichnet zu werden.

"Menschengerechte Arbeitsbedingungen sind kein Luxus, den wir uns nur leisten wollen, wenn es unserer Wirtschaft gut geht. ArbeitnehmerInnenschutz ist ein wesentliches und unverzichtbares Thema jeder sozialen Gesellschaft und jeder erfolgreichen Volkswirtschaft. Um Arbeitsplätze stressfrei zu gestalten, genügen oft schon kleine organisatorische Maßnahmen. Stress am Arbeitsplatz zu managen, ist bewerkstelligbar", appelliert Sozialminister Hundstorfer an die Unternehmer. Mit der Bilanz nach einem Jahr Novelle zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das auch Evaluierung der psychischen Belastungsfaktoren verlangt, scheint der Ressortchef nicht restlos glücklich zu sein: "Ich werde mich erst zufrieden geben, wenn alle Betriebe, auch die mittleren und kleinen, mitziehen und ihre Hausaufgaben in diesem Bereich erledigt haben." (red, derStandard.at, 25.04.2014)