Gewohnt aktivistisch: "Europa anders" unter Martin Ehrenhauser (im Vordergrund).

 

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Wien – 450 Kartons hat "Europa anders" Pallas Athene direkt vor die Nase gewuchtet: Auf jeder Schachtel prangt ein Euro-Zeichen, ein Mahnmal dafür, wie viel das Land die finanzmarode Kärntner Hypo kostet. Montagvormittag vor dem Parlament: Martin Ehrenhausers Bündnis für die EU-Wahl am 25. Mai feiert hier seinen Wahlkampfauftakt, nachdem der Spitzenkandidat schon am Ballhausplatz vor dem Kanzleramt, neben der Hofburg und am Linzer Hauptplatz sein Protestcamp gegen die Hypo-Haftungen aufgeschlagen hat.

Wären all die Schachteln mit 100-Euro-Scheinen vollgestopft, erklärt er, ergäbe das achtzehn Milliarden Euro, jenen Betrag, der "uns alle" die Rettung der Hypo kostet. Ehrenhauser verlangt einmal mehr einen Haftungsboykott und wirbt für das Volksbegehren seiner Liste, für das er aber noch keine konkrete Anzahl an Unterstützungserklärungen nennen kann. Ein paar Touristen knipsen eifrig die Aktion, einer der rund zwei Dutzend Wahlhelfer hat aber einiges zu tun, dass der Wind die vorderste Schachtel nicht vom Fleck pustet, denn 100-Euro-Scheine sind auch da natürlich nicht drin.

Nacht im Auto verbracht

Inzwischen redet sich Ehrenhauser zunehmend in Fahrt, nachdem er diese Nacht im Auto hinter seinem kleinen Infostand vor dem Hohen Haus verbracht hat: "Das", ruft er, "ist nur ein kleiner Teil der 5500 Milliarden, die in der gesamten EU für die Bankenrettung bereitgestellt worden sind!" Und diese Summer würde fünfmal das Parlamentsgebäude mit derartigen Schachteln füllen. Der so veranschaulichte Geldberg sei "ein Symbol für die wachsende Abhängigkeit der europäischen Politik von den privaten Banken, für die immer ungerechtere Vermögenserteilung und für das völlig falsche Krisenmanagement in ganz Europa". Und das werde auch die Budgetrede am Dienstag von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) einmal mehr bestätigen. "Europa anders" seien "die Einzigen", die "unabhängig sind".

Auch die anderen Protagonisten der Wahlallianz erheben das Wort, während am Ring geräuschvoll Autos, Straßenbahnen und Fiaker passieren. Agnes Peterseil von "Der Wandel" erklärt: All die Milliarden kämen nicht von jenen, die auf den Vermögensbergen sitzen, sondern: "Wir sparen bei der Zukunft unserer Kinder!" Aus sechs Jahren Krise habe die etablierte Politik nichts gelernt. Der Kartonberg vor dem Parlament stehe auch für die "ungleiche Verteilung von Macht und Chancen".

Solidarität mit den Griechen

Ähnlich Pirat Christopher Clay: Immer mehr Entscheidungen seien immer weniger demokratischen Prozessen unterworfen, kritisiert er, und "die Finanzwirtschaft gibt den Rahmen vor, in dem die Politik handeln kann – und nicht umgekehrt". Waltraud Fritz, Spitzenkandidatin der KPÖ, solidarisiert sich mit den Griechen – und erklärt kämpferisch: "Wir wollen nicht zu Tode gespart werden!" Die achtzehn Milliarden für die Hypo würden im Sozial- und Gesundheitssystem sowie bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit fehlen.

Nach knapp dreißig Minuten ist der etwas andere Wahlkampfauftakt vorbei – demnächst fährt Ehrenhausers Tross nach Graz, um dort seinen Freiluftprotest fortzusetzen. (Nina Weißensteiner, derStandard.at, 28.4.2014)