STANDARD: Die Kosmetikindustrie wird von multinationalen Konzernen dominiert. Sisley ist ein Familienbetrieb. David gegen Goliath? 

Philippe d'Ornano: Nein, so sehen wir das nicht. Unsere Familie macht seit drei Generationen Kosmetik und hat viel Erfahrung. Als Klein- und Mittelbetrieb haben wir gerade in Zeiten von ökonomischen Krisen viele Vorteile.

STANDARD: Welche Vorteile meinen Sie genau?

d'Ornano: Börsennotierte Unternehmen haben rigide Vorgaben, denken in Quartalsabschlüssen und sind nur an Kosten orientiert. Bei Sisley planen wir langfristig und schaffen damit auch wirkliche Innovationen, an unserer Pflege Sisleya haben wir zehn Jahre gearbeitet. Zeit ist unser Luxus.

STANDARD: Sisleys lanciert aber doch recht viele neue Produkte?

d'Ornano: Wir machen Hautpflege, Parfum und dekorative Kosmetik, das ist eine breite Palette. Meine Mutter ist sehr in die Entwicklungen involviert, und sie ist ungeduldig. Das hilft.

STANDARD: Verstehen Sie sich eigentlich gut untereinander?

d'Ornano: Wir sind ein eingespieltes Team. Jeder hat seine Rolle. Der eiserne Grundsatz meines Vaters: Wir vergleichen uns nie mit der Konkurrenz. Das schwächt oder führt dazu, dass man kopiert, sagt er. Meine Schwester und ich sind Gegenpole zu den Eltern, es ist aber eine gute Dynamik.

STANDARD: Was ist die größte Herausforderung für Sisley?

d'Ornano: Wir sind in den letzten Jahren stark gewachsen, haben 1000 Mitarbeiter, wollen aber den Spirit eines Familienunternehmens bewahren. Der Kontakt zu den Mitarbeitern ist uns wichtig. Von ihnen kommt unser Know-how. Sich immer nur am Umsatz zu orientieren ist nicht richtig.

STANDARD: Hat Ihre Familie erwartet, dass Sie in den Betrieb einsteigen?

d'Ornano: Niemals. Ich wollte Journalist werden, mein Bruder wollte ins Unternehmen. Er ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Da bin ich eingesprungen und habe das Geschäft von der Pike auf gelernt - so wie meine Schwester Christine. Sisley ist Familiensache. (Karin Pollack, Rondo, DER STANDARD, 2.5.2014)