Horta - Tiefseegräben mögen immer noch viele Geheimnisse bergen, aber etwas sehr Vertrautes erwartet Forscher auch dort: Müll. Bei einer weiträumigen Studie zur Müllverteilung und -dichte auf dem Meeresboden rund um Europa fanden Forscher an allen untersuchten Stellen Abfall. 

Breitangelegte Studie

Ihre Ergebnisse veröffentlichte die internationale Gruppe um Christopher Pham vom Meeresforschungsinstitut der portugiesischen Universität der Azoren in Horta im Fachjournal "PLOS ONE". An der Studie waren auch das Alfred-Wegener-Institut (Awi) in Bremerhaven und die Jacobs Universität Bremen beteiligt. Pham und seine Kollegen nutzten für ihre Untersuchung fast 600 Bild- und Videoaufzeichnungen sowie Grundschleppnetzfänge von 32 verschiedenen Stellen des Meeresbodens im Atlantik und im Mittelmeer.

Und an all diesen Stellen lag Müll: von den flachen Küstenregionen bis zu 4.500 Meter tiefen Tiefseegräben, und selbst am 2.000 Kilometer von der Küste entfernten Mittelatlantischen Rücken. Tiefseegräben sind es auch, die zusammen mit der unmittelbaren Umgebung von Ballungsräumen die höchste Mülldichte aufwiesen. Das liegt unter Umständen daran, dass diese zum Teil die flachen Küstengewässer mit der Tiefsee verbinden. Durch sie treibt der Müll von den Küsten in entlegene tiefere Wasserschichten.

"Wir waren schockiert zu sehen, dass unser Müll schon vor uns da war"

Plastik, vor allem Flaschen und Sackerln, stellt mit 41 Prozent den Großteil des gefundenen Abfalls. Ein weiteres Drittel besteht aus Fischereimüll wie Netzen und Leinen. Zudem fanden Pham und seine Kollegen Glas, Metall, Holz und Papier, aber auch Keramik und zahlreiche unidentifizierte Gegenstände. "Wir waren sehr überrascht zu sehen, wie weit sich unser Müll in den Meeren schon verbreitet hat", sagte Melanie Bergmann nach einer Mitteilung des Awi.

"Die große Menge an Müll, die den Tiefseeboden erreicht, ist ein ernstes weltweites Problem", erklärte Pham in einer begleitenden Pressemitteilung des Fachjournals. "Unsere Ergebnisse unterstreichen das Ausmaß dieses Problems und zeigen die Notwendigkeit, Maßnahmen gegen eine weitere Anreicherung von Müll im Meer zu ergreifen." Mitautor Kerry Howell von der Universität Plymouth, Großbritannien, fügt hinzu: "Der größte Teil der Tiefsee ist vom Menschen noch unerforscht, und viele Stellen haben wir zum ersten Mal besucht. Wir waren schockiert zu sehen, dass unser Müll schon vor uns da war."

Nach einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) gelangen jedes Jahr rund 6,4 Millionen Tonnen Müll ins Meer. Dieser gefährdet die Umwelt in vielerlei Weise: Tiere, insbesondere Meeressäuger, Schildkröten und Vögel, können sterben, wenn sie den Müll fressen oder sich darin verfangen. Auch können beispielsweise giftige Substanzen freigesetzt oder die Ausbreitung gebietsfremder Arten gefördert werden. (APA/red, derStandard.at, 4. 5. 2014)