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Susan Dabbous wurde nach elf Tagen Geiselhaft in Syrien im April 2013 freigelassen.

Foto: APA/EPA/TELENEWS

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"Ich habe mich nie als Heldin gefühlt", sagt sie.

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"Ich hatte furchtbare Angst. Ich habe mich nie als Heldin gefühlt. Ich war dort als Reporterin, um über mein Herkunftsland zu berichten." Susan Dabbous schilderte beim Journalistenfestival in Perugia ihre elf Tage andauernde Geiselhaft im April vergangenen Jahres in Syrien. Untergebracht wurde sie bei der Frau eines Islamistenführers. Vom ersten Tag an versuchte die italienische Journalistin, die in Syrien aufgewachsen ist und vor allem für die Zeitung Avvenire arbeitet, sich in der Familie einzufügen, ihre "muslimische Karte" auszuspielen. "Das war eine Art Stockholm-Syndrom."

Als man ihr Tagebuch entdeckte, drohte man ihr, sie zu töten. "Auf welche Art willst du sterben?", war die Frage, die die heute 31-Jährige zu hören bekam. Einen Tag später wurde sie mit ihren Begleitern in ein Auto gebracht, in dem Männer mit gezückten Waffen saßen. "Ich dachte mir: Entweder geht es zur Hinrichtung, es gibt einen Unfall, oder wir werden an eine Gruppe im Irak verkauft. Ständig hatte ich im Kopf: Irak, Irak, Irak."

Beschuldigungen von jeder Konfliktpartei

Wie schwierig es ist, in Syrien und aus diesem Land zu berichten, schilderte ebenfalls in Perugia Sam Dagher vom "Wall Street Journal". Er ist einer der wenigen ausländischen Journalisten, die noch in Damaskus stationiert sind. "Wir versuchen die verschiedenen Perspektiven des Krieges zusammenzufügen. Jede Konfliktpartei beschuldigt uns, dass wir nicht auf ihrer Seite stehen. Das ist das Schwierigste."

In seiner am 25. April veröffentlichten Reportage aus Aleppo schildert er, dass es nur zwei Wege gebe, wie man die Stadt durchqueren kann: Entweder man riskiert, von einem Heckenschützen erschossen zu werden, oder man nimmt einen sichereren Weg, der insgesamt zwölf Stunden dauert.

Propagande

"Es gibt in Syrien keine sichere Zone mehr für Journalisten", sagt Marwan Maalouf, der für das Netzwerk Menapolis arbeitet und für den Christian Science Monitor schreibt. Er erinnerte daran, dass es immer weniger syrische Journalisten gibt, die über den Konflikt berichten können: "Entweder sie können nicht hinaus, oder sie sitzen im Gefängnis."

Auf Bürgerjournalismus, der am Anfang des Konflikts wichtiger Teil der Berichterstattung war, könne nicht mehr gesetzt werden. "Inzwischen sind alle der Propaganda verfallen, auf der einen oder der anderen Seite." All das führe dazu, dass der Syrien-Konflikt mehr als zwei Jahre nach Beginn journalistisch immer weniger wahrgenommen werde, meint Maalouf.

"Interessiert Syrien überhaupt noch jemanden? In den Redaktionen kümmert sich kaum noch jemand darum", kritisierte Sakhr al-Makhadhi, der als Blogger über den Bürgerkrieg berichtet und Medien beschuldigte, immer mehr an freie Journalisten auszulagern, wenn es gefährlich werde.

Entführungen in der Ukraine

Wie es ist, in der Ukraine journalistisch zu arbeiten, schilderte Mustafa Najem, Gründer des unabhängigen TV-Senders Hromadske.tv. "Wir haben Krieg in unserem Land. Es ist in dieser Lage schwierig, das Land, die Regierung zu kritisieren. Aber wir können nicht schweigen, wenn etwa Geld gestohlen wird. Denn deshalb standen wir nicht als Journalisten und Bürger auf dem Maidan."

Olga Tokariuk, die für italienische und kroatische Medien aus der Ukraine berichtet und früher für das staatliche Fernsehen tätig war, berichtete von einer "Hatz auf Journalisten" auf dem Maidan-Platz: nicht durch Demonstranten, sondern durch vermummte Schläger, die von der Regierung des später gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch ausgeschickt worden seien. „Diese Männer haben alle Journalisten attackiert. Das geschieht jetzt auch in der Ostukraine."

Im Ausland habe nur die Entführung des US-Journalisten Simon Ostrovsky, der für das Vice-Magazin arbeitet, durch prorussische Kräfte Schlagzeilen gemacht. Mehr als 15 ukrainische Journalisten würden derzeit in der Ostukraine festgehalten, sagte Tokariuk. "Um die kümmert sich medial im Westen aber keiner." (Alexandra Föderl-Schmid aus Perugia, DER STANDARD, 3./4.5.2014)