Die Deindustrialisierung Großbritanniens machte bisher vor der Pharmabranche halt. GlaxoSmithKline und AstraZeneca sind Weltmarktführer, ihre Wissenschafter leisten Spitzenforschung und haben neue Mittel gegen Krebs und Diabetes in der Pipeline. Unterfüttert ist der Erfolg durch die Stellung der britischen Unis.

Insofern stellt das Übernahmeangebot des US-Konzerns Pfizer ein Kompliment für das Management von AstraZeneca und die britische Industrie insgesamt dar. Unter seinem französischen Boss wurde das Unternehmen umgebaut, wobei 40 Prozent des Personals abgebaut wurden. Da mögen die Jobverluste, die solchen Megamergern normalerweise folgen, vergleichsweise glimpflich ausfallen.

Das Problem liegt woanders. Pfizer hat immer wieder Konkurrenzfirmen aufgekauft und zerstückelt. Die Labour-Opposition spricht von "asset stripping", der Zerschlagung eines gesunden Unternehmens zur Bereicherung der Aktionäre. Alle anderslautenden Versprechungen der Pfizer-Spitze seien das Papier nicht wert, auf dem sie stehen.

Zudem rühmt der Viagra-Hersteller unverblümt die Vorteile der britischen Firmenbesteuerung. Tatsächlich senkt die konservativ-liberale Koalition den Steuersatz auf 20 Prozent und wirbt mit "generösen und flexiblen Entlastungen" um Investoren. Nun sieht die Übernahme des Spitzenkonzerns wie das Resultat eines unappetitlichen Steuerwettbewerbs aus, wie sie die Regierung Cameron gern anprangert.  (Sebastian Borger, DER STANDARD, 03.5.2014)