Wien/Brüssel - Durch die Kosten der Rettung der Hypo Alpe Adria steigen nach Annahmen der EU-Kommission die Staatsschulden Österreichs heuer erstmals über 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). In ihrer am Montag veröffentlichten Frühjahrsprognose rechnen die Ökonomen in Brüssel mit einem Schuldenstand von 80,3 Prozent. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch die Hypo-Taskforce in ihrem Bericht vor einigen Wochen.

Es handelt sich um eine historisch hohe Marke: Noch 2013 lag die Staatsverschuldung bei lediglich 74,5 Prozent des BIP. Die EU schließt in ihrer Prognose die Hypo-Bad-Bank in die Bilanz des Bundes mit ein. Nach EU-Annahmen werden die Kosten für die Bankenrettung 2015 wieder sinken und der Schuldenstand demnach auf 79,2 Prozent zurückfallen.

Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hatte zuvor in seiner Budgetrede eine Staatsschuldenquote von 79,2 Prozent für heuer veranschlagt. Auch war bereits mit einem Klettern über die 80-Prozent-Grenze im Herbst gerechnet worden, wenn die neuen EU-Regeln zur Anrechnung von ausgelagerten Schulden zur Anwendung kommen.

Defizit steigt auf 2,8 Prozent

Das Budgetdefizit wird nach Berechnungen der EU-Kommission heuer auf 2,8 Prozent steigen - wegen der Hypo-Abwicklung bestehen hier aber laut dem EU-Bericht noch Risiken. Sollten Hypo-Vermögenswerte korrigiert werden, würde dies zu höheren staatlichen Transferzahlungen an die Bank führen. Gerechnet wird auch mit "zusätzlichen Risiken" durch mögliche weitere Unterstützung für andere Finanzinstitute in diesem Jahr, heißt es in dem Bericht.

Die Prognose hält aber auch gute Nachrichten bereit: Das Wirtschaftswachstum soll in der EU anziehen und auch in Österreich heuer und 2015 wieder in Fahrt kommen. 2014 soll das Wachstum in Österreich laut EU-Prognose 1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen. IHS und Wifo hatten zuletzt 1,7 Prozent Wachstum vorausgesagt. Im nächsten Jahr soll die Wirtschaft dann laut der Vorhersage aus Brüssel um 1,8 Prozent wachsen.

Basis für das wieder in Fahrt kommende Wachstum in Österreich ist die Binnennachfrage, glauben die Ökonomen der Kommission. Sie helfe der Wirtschaft stärker als Exporte. Zwar seien keine steigenden Reallöhne zu erwarten, die niedrige Inflation von 1,6 Prozent im laufenden und 1,7 Prozent im nächsten Jahr und ein gestärktes Beschäftigungswachstum deuten laut Kommission aber auf Wachstum beim Konsum hin. Auch würden die Unternehmen nach den von Unsicherheit geprägten Jahren 2012 und 2013 heuer mehr investieren und die Bauwirtschaft werde auf die gestiegenen Immobilienpreise mit mehr Tätigkeit reagieren.

Kaum einen Rückgang erwartet die EU-Kommission bei der Arbeitslosenrate, obwohl die Zahl der Beschäftigten durch mehr ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt steigen wird. Die Arbeitslosenrate wird gegenüber 2013 nur von 4,9 auf 4,8 Prozent im laufenden Jahr zurückgehen. Für 2015 prognostiziert die EU-Behörde dann 4,7 Prozent.

EU-Prognose

EU-weit soll das BIP von 0,1 Prozent im Vorjahr über 1,6 Prozent im laufenden Jahr auf 2,0 Prozent 2015 steigen. In der Eurozone wird nach einem Rückgang um 0,4 Prozent für 2014 ein Zuwachs von 1,2 Prozent und für 2015 von 1,7 Prozent vorhergesagt.

Bei den Investitionen wird eine völlige Trendwende prognostiziert. Die Brüsseler Behörde weist für die EU insgesamt nach einem Minus von 2,3 Prozent 2013 für 2014 ein Plus von 3,1 Prozent und für 2015 von 4,7 Prozent aus. Die Währungsunion kann nach einem Minus von 2,9 Prozent im Vorjahr für heuer mit einem Plus von 2,3 Prozent und für 2015 von 4,2 Prozent rechnen.

Die Budgetdefizite der 28 EU-Staaten sollen von 3,3 Prozent 2013 auf 2,6 Prozent 2014 und auf 2,5 Prozent 2015 zurückgehen. In der Eurozone wird eine Abnahme von 3,0 Prozent im Vorjahr auf 2,5 Prozent im laufenden Jahr auf 2,3 Prozent 2015 ausgewiesen.

Verbesserungen werden auch bei der immer noch hohen Arbeitslosigkeit vorausgesagt. Nach dem Höhepunkt 2013 in der EU mit 10,8 Prozent Arbeitslosenrate wird für 2014 ein Absinken auf 10,5 Prozent und für 2015 ein weiterer Rückgang auf 10,1 Prozent vorausgesagt. In der Währungsunion geht die EU in ihrer Frühjahrsprognose davon aus, dass es eine Reduzierung der Arbeitslosigkeit von 12,0 Prozent im Vorjahr auf 11,8 Prozent 2014 und auf 11,4 Prozent 2015 geben wird. 

Inflation auf niedrigem Niveau

Die Inflation im Euroraum bleibt nach der EU-Prognose weiter auf niedrigem Niveau. Die Teuerung der Verbraucherpreise liege demnach in diesem Jahr bei 0,8 Prozent, bevor sie im Jahr 2015 auf 1,2 Prozent steigen soll. Die EU-Kommission korrigierte damit ihre letzten Berechnungen nach unten.

Im Februar waren die EU-Experten noch davon ausgegangen, dass die Inflationsrate in diesem Jahr bei 1,0 Prozent und im kommenden Jahr bei 1,3 Prozent liegt. Die Revision des Ausblicks könnte die Debatte um eine drohende Deflation wieder befeuern. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Eurozone kürzlich vor einer Deflationsspirale aus fallenden Preisen bei gleichzeitig sinkender Nachfrage gewarnt, was von der Bundesbank allerdings als übertrieben gewertet wurde. (APA, 5.5.2014)