Die EU sei eine grenzüberschreitende Organisation und "beim Grenzüberschreitenden bin ich selten daheim", betonte Karas weiter. Es brauche mehr Überzeugungsarbeit von Österreich "für etwas, von dem man glaubt, dass man eine Mehrheit findet". In manchen Fällen, wurde am Seminar betont, habe schob eine Stimme im EU-Parlament entschieden.
"Die jetzige Regierung kenn ich nicht mehr"
Ein großes Manko im österreichischen EU-Lobbying ortet auch auch der SP-Europaabgeordnete Harald Ettl. "Die jetzige Regierung kenn ich nicht mehr", kritisierte er beim Seminar. Unter Rot-Schwarz hätten sich zumindest noch vier Minister um Europa bemüht. Heute kenne er bis auf Verkehrsminister Hubert Gorbach (F) keinen Minister, der sich um das Europaparlament bemühe.
Er plädiere dafür, dass alle österreichischen Minister - allen voran Finanzminister Karl-Heinz Grasser - "als Lehrbuben" für einige Wochen nach Brüssel geschickt werden. "Das wünsche ich mir vom Christkind", meinte Ettl. Auch Karas forderte eine Art "Job-Rotation" - wenn auch nicht für Minister, aber zumindest für Abgeordnete, Parteisekretäre und Kabinettsmitglieder, die - wie er sagt - "für eine Zeit nach Brüssel kommen sollten".
Lobbying scheitert laut Karas oft daran, dass die Lobbyisten aus Österreich oft nicht wüssten, "wie es in der EU läuft". Jeder, der mit Brüssel zu tun habe, müsse sich zuvor über die zuständigen Entscheidungsträger, die Instanzenzüge und das europäische Recht informieren, betonte Karas.
Ein entscheidendes Problem sieht Ettl auch darin, dass Lobbying in Österreich oft noch mit Interventionismus verwechselt werde. "Interventionen im Sinne von primitivem Druck" habe es "en masse" gegeben, etwa in den Fragen der Benes-Dekrete und Temelin. Einige österreichische Lobbying-Gruppen hätten dadurch ihre Position verwirkt, denn erpressen lasse man sich in Brüssel nicht, betonte Ettl.