Bee Medinger: auch von Berufs wegen begeisterte Galeriebesucherin.

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New York - "Eine Galerie muss ihren Künstlern die nötige Präsenz am Weltmarkt verschaffen und ein internationales Netz an Kontakten und Beziehungen zu Museen und Sammlern bieten. Sonst bleibt es eine regionale Angelegenheit", sagt Bee Medinger. "Galerien, die ihre Künstler nicht auf den großen Messen vertreten, bleiben daher unter der Wahrnehmungsgrenze."

Die New Yorkerin mit österreichischen Wurzeln zählt zu den wichtigsten weltweit tätigen Kunstberaterinnen. Galerienbesuche gehören folglich zu ihrem Jobprofil. "Eine der Stärken österreichischer, auch kleinerer, Galerien ist, dass sie fast wie ein kreativer Inkubator wirken - und zwar in einem viel größeren Ausmaß, als man es in New York sieht."

Das Businessmodell Galerie sieht sie, die profunde Kunstkennerin, auch in Zukunft nicht gefährdet. Vorausgesetzt, dass sich kleinere Galerien weltweit mit Gleichgesinnten vernetzen: "Der Markt ist einfach total global geworden."

2009 schloss Medinger nach 30 Jahren ihre Beratungsfirma Viart Corporation, um sich im Jahr darauf mit BHM Advisory auf einem durch die Finanzkrise deutlich veränderten Kunstmarkt zurückzumelden. "Früher waren unsere Kunden zu 80 Prozent Unternehmen und zu 20 Prozent Privatleute, heute ist es genau umgekehrt", sagt Medinger. "Viele Firmen, vor allem Banken, für die wir früher gearbeitet haben, wie etwa Lehman Brothers, gibt es gar nicht mehr. Und solche wie Goldman Sachs haben krisenbedingt aufgehört zu sammeln."

Doch die Talsohle ist weitgehend überwunden, statt Großkunden berät sie nun eine Vielzahl junger Sammler, für die das Leben mit Kunst zum guten Ton gehört: "Im Unterschied zu Europa sind Amerikaner immer bereit, zuzugeben, wo sie sich auskennen und wo nicht. Das gilt natürlich auch für zeitgenössische Kunst. Deshalb geniert man sich nicht, Experten zu Rate zu ziehen. Ich sehe mich als eine Art Privatlehrer und mache mit ihnen einen Galopp durch die Kunstgeschichte." Und in weiterer Folge einen durch die internationale Galerienszene.

Welches Kunstwerk welchen Künstlers sie zuletzt um welchen Preis wo gekauft hat, will sie auf keinen Fall verraten. Ihre Kunden erwarten größtmögliche Diskretion. Über die Arbeit könne man womöglich den Weg bis zum Auftraggeber zurückverfolgen.

Die Association of Professional Art Advisors (APAA), zu deren Gründungsmitgliedern Medinger zählt, hat sich 1980 einen strengen Ethikkodex als Handlungsanleitung verordnet. So darf ein Kunstberater niemals auch als Galerist oder Kunsthändler tätig sein: "Die Amerikaner haben ein ausgeprägtes Gespür für Unvereinbarkeiten." Der Kodex schreibt auch die Gagenberechnung vor: Unabhängig vom Kaufpreis gibt es ein Stundenhonorar. "Für mich ist es daher irrelevant, ob jemand tausend oder eine Million Dollar ausgibt. Ich werde für mein Wissen und den Zeitaufwand bezahlt." (Andrea Schurian, Spezial, DER STANDARD, 10./11.5.2014)