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Ralf Hütter gastiert mit Kraftwerk am Wiener Burgtheater.

Foto: AP/Todd Williamson

Auf die Frage, wie es ihm nach einem Radsportunfall denn so ergehe, hat Ralf Hütter 1982 in einem raren Interview geantwortet: Sehr gut, er habe im Krankenhaus laut Weltpresse offenbar ein neues Gehirn eingesetzt bekommen. Dies ist einer der wenigen Einblicke in Hütters Privatleben. Der 1946 in Krefeld Geborene ist nach dem Ausscheiden Florian Schneiders 2008 einziges verbliebenes Gründungsmitglied der einst visionären Düsseldorfer Band Kraftwerk.

Fahrradfahren, Humor. Gutbürgerlicher Hintergrund mit Geburtsort im Pott. Aus. Das muss als menschlicher Faktor beim 68-jährigen Hütter reichen. Der Mann brachte sich und Kraftwerk seit 1970 nicht als genialischer Künstler, sondern als "Musikarbeiter" ins Spiel. Später mutierte er zur musikalisch wie romantisch verklärten "Mensch-Maschine". Durch Roboter lässt er sich und seine drei Mitspieler seit 1978 zeitweilig sehr gern auf der Bühne ersetzen. Kraftwerk präsentierten mit deren Hilfe ihr damaliges Album Die Mensch-Maschine gleichzeitig in drei verschiedenen Städten "live".

Ralf Hütter gründete Kraftwerk gemeinsam mit Florian Schneider 1970 in Düsseldorf. Sie hatten Musik unter anderem bei Karlheinz Stockhausen studiert. Nach Anfängen im sogenannten Krautrock und auf einfacher harmonischer Basis warf man spätestens 1974 die Querflöte und die langen Haare über Bord. Über die Autobahn ging es im Zeichen der von Hütter als "industrielle Volksmusik" bezeichneten Kunst aus dem hauseigenen Kling-Klang-Studio über den Zwischenstopp Radio-Aktivität mit dem Trans Europa Express (Meisterwerk, 1977!) immer im Zeichen der Bewegung, des Fortschritts stehend 1978 zur besagten Symbiose von Mensch und Maschine. 1981 folgte die visionäre Computerwelt. Mit Electric Café (1986), der digitalisierten Neueinspielung alter Stücke für The Mix (1991) und zuletzt Tour de France Soundtracks von 2003 wurden Kraftwerk schließlich kreativ zunehmend stillgelegt.

Wenn Kraftwerk von Donnerstag bis einschließlich Sonntag am Wiener Burgtheater nach Stationen wie dem Guggenheim-Museum in New York und der Londoner Tate Modern Gallery an vier Abenden ihr mit acht Alben schmales Gesamtwerk zur Aufführung bringen, handelt es sich musikalisch bei modernster Klappcomputer-Technik um eine rein museale Praxis. Allerdings mit atemberaubenden Visuals in 3-D. Boing. Bumm. Tschak. (Christian Schachinger, DER STANDARD, 15.5.2014)