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Die Unterseiten von Krakenarmen sind über und über von Saugnäpfen bedeckt, die spontan an Oberflächen anhaften. Warum sie nicht ständig am Kraken selbst kleben, haben nun israelische Forscher entschlüsselt.

Foto: APA/ EPA/RUNGROJ YONGRIT

Jerusalem  - Acht Arme besitzt der Krake und er weiß sie geschickt einzusetzen. Beispielsweise sind die hochintelligenten Weichtiere in der Lage, sich aus einem verschlossenen Glas zu befreien, indem sie den Deckel von innen aufschrauben (Video). Zum Einsatz kommen dabei Hunderte größere und kleinere Saugnäpfe an den Armen, die spontan an so gut wie jeder Oberfläche haften bleiben. Wie also gelingt es dem Kraken, dass seine vielen Arme nicht fortwährend an ihm selbst kleben?

Dieser Frage sind nun Binyamin Hochner von der Hebrew University in Jerusalem und seine Kollegen nachgegangen - und sie haben eine überraschend simple Antwort gefunden: Ein chemischer Signalstoff verhindert, dass sich ein Oktopus binnen kürzester Zeit in einen lebenden Knoten verwandelt.

Hochner und sein Team beschäftigen sich bereits seit Jahren mit der motorischen Steuerung der vielfach beweglichen Krakenarme. Die Wissenschafter entdeckten, dass es einen sehr guten Grund gibt, warum die Oktopusse nicht genau wissen, wo sich ihre Arme gerade befinden. Bei Säugetieren ist die Anzahl der Bewegungsfreiheiten der Extremitäten beschränkt, sodass es dem Gehirn gelingt, eine einigermaßen genaue interne Karte über die jeweiligen räumlichen Orientierungen unserer Körperglieder zu entwerfen.


Video: Bei ihren Experimenten konfrontierten die Forscher ihre Versuchstiere mit amputierten Krakenarmen. (Quelle: Youtube)

Unendlich flexible Arme

Krakenarme dagegen verfügen praktisch über unendlich viele Freiheitsgrade. So intelligent die Tiere auch sein mögen, mit einem Mechanismus, der jenem der Säugetiere ähnelt, wäre das Krakengehirn überfordert. "Eine solche innere Karte der Armpositionen wäre ungemein kompliziert und vermutlich für den Oktopus umöglich zu handhaben," meint Hochner.

Die im Fachblatt "Current Biology" veröffentlichten Ergebnisse zeigen jedoch, dass Kraken eine solche innere Karte zur Vermeidung von Verknotungen gar nicht benötigen. Versuche mit amputierten Tentakeln demonstrierten, dass es eine spezielle Eigenschaft der Krakenhaut selbst ist, die verhindert, dass die Saugnäpfe daran haften bleiben. So klebten sie beispielsweise auch nicht an Gegenständen, die mit Krakenhaut umhüllt waren. Versahen die Forscher eine Oberfläche mit einem Krakenhautextrakt, dann war auch hier die Haftwirkung gering.

Bewusste Haftung

Hochner schließt daraus, dass eine spezielle bisher noch nicht identifizierte chemische Substanz in der Haut den Haftreflex der Saugnäpfe bremst. Was die Forscher besonders verblüfft, ist die Fähigkeit der Kraken, dieses Phänomen aktiv zu steuern. Schnappen sich die Oktopoden bewusst einen abgetrennten Krakenarm, dann haften seine Saugnäpfe durchaus auf dessen Oberfläche, und zwar vor allem dann, wenn es nicht ihr eigener Arm ist. Das wiederum würde bedeuten, dass Kraken ihre eigenen Extremitäten erkennen können. (tberg, derStandard.at, 15.05.2014)