Na, das ist doch mal eine tatkräftige Lösung eines politischen Problems! Die zwei Direktoren des Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (Bifie) werden aus ihrem Amt entfernt. Die Regierung, allen voran die im Fahrwasser der Zentralmatura weiter unter Druck geratene Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), atmet auf. Problem erkannt, Problem gelöst, weiter im Programm.

Es ist ein sehr österreichisches Drama, das sich am und mit dem Bifie abspielt. Es zeigt vor allem, wie hier regiert und Verantwortung getragen wird. Man lässt sie tragen im Land der rhetorischen "Letztverantwortung", die die Politikerinnen und Politiker "natürlich" eh selbst tragen.

Schön für sie, schön blöd für alle anderen im Staat.

Schon die Konstruktion des Instituts zeigt, welchen Geist das Bifie-Gesetz von 2008 atmet: Man wollte offenkundig ein paar willfährige Schoßhündchen als Begleitschutz für die Bildungspolitik - und keine unabhängigen Wachhunde, die mittels wissenschaftlicher Studien auch unliebsame Informationen über den Zustand des Bildungssystems liefern.

Die unglückselige, aber natürlich vorsätzlich kurze Leine zwischen Ministerium und Bifie ist eines der größten Hindernisse für die Arbeit dieses Instituts, an dem unbestritten einige der besten Bildungsforscher Österreichs - selbst von scharfen Kritikern anerkannt - tätig sind. Warum? Das wissen wir dank Günter Haider, der das Bifie fünf Jahre leiten durfte, zu frech, sprich unabhängig war und dann gehen musste. Er hat das politische Schweigekartell in Sachen Bifie gesprengt und erzählt, wie Studien auf ministerielle Anweisung nicht veröffentlicht werden durften, weil Kanzler Werner Faymann (SPÖ) im Wahljahr "keine Brösel" wollte.

Na dann. Sitz! Platz! Brav.

Das ist abartig im Zusammenhang mit Wissenschaft, die diesen Namen verdienen soll, und es zeigt, wie wenig diese Politikergarde mit dem Wort "Forschung" anfangen kann.

Das Bifie-Gesetz gehört schleunigst entpolitisiert. Es wäre ein souveräner Akt, wenn Heinisch-Hosek mit der ÖVP die politischen Durchgriffsrechte auf das Bifie kappen ließe, die systemwidrig ins Bifie verschobenen Hoheitsaufgaben wie die Zentralmatura, bei der es um ein staatliches Zertifikat geht, das demokratisch legitimiert sein muss, in den Verantwortungsbereich des Ministeriums verschieben und die Bifie-Leitung in unabhängige Wissenschafterhände legen würde.

Nur eine Frage bleibt noch: Warum müssen eigentlich beide Direktoren, auch jener, der nicht für die Zentralmatura zuständig war, gehen? Ach ja! Da war doch was. Proporz! Wem SPÖ und ÖVP gemeinsam geben, dem nehmen sie auch gemeinsam. Wenn "unserer" wegsoll, dann muss "eurer" auch raus. Das nennt sich "Koalition" - oder institutionalisierte Raubritterschaft auf Kosten eines ganzen Landes.

Und so bleibt Österreich, was es ist: das Land der vorletzten Verantwortungsträger. Man mag sich gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn wirklich einmal etwas Großes passieren würde und tatsächlich die "letzte Verantwortung" schlagend würde. Dann müsste ja das oberste Regierungsduo in trauter Proporzeintracht zurücktreten. Nicht auszudenken.

Nicht? Doch. Es wäre ein befreiender Kulturbruch für dieses Land, das unter dem rot-schwarzen Filz langsam zu kollabieren droht. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 16.5.2014)