Wie groovt Thomas Benhard?

Foto: Erika Schmied
Gmunden - Zumeist stellt sich die Frage am Anfang einer (musikalischen) Reise, wo diese wohl hinführen könnte. Das Upper Austrian Jazz Orchestra (UAJO) steckte sich mit der Uraufführung seines neuen Programms "Dessöwe Aundas" oder "Thomas Bernhard Groovt" bei den Gmundner Festwochen in der "Kunst. Werkstatt" der Gmundner Keramik ein großes (Reise-)Ziel, dem nach seinem Tod zum Neuheiligen der österreichischen modernen Literatur mutierten Autor bigband-musikalisch gerecht zu werden.

Sich dieser Herausforderung zu stellen beweist zweifellos den künstlerischen Mut des Orchesters, schwierige Reiserouten im Jazz der Gegenwart zu wagen, womit es sich kräftig vom allgemeinen Trend, Experimente zu scheuen, unterscheidet. Als Ansatz wurde "eine Betrachtung aus der Sicht oberösterreichischer Jazzmusiker" gewählt - ein vielleicht zu offen formulierter Untertitel -, mit der die Musiker der "Big" Band auch hohe Selbstanforderungen an ihre Komponistenpersönlichkeit stellten.

Wie schon mit der Aufnahme La Lampe Philosophique und der neuen "Bruckner"-CD sucht das Orchester seine Künstlerseele im Kollektiv, wo sonst deren Leader (in Personalunion von Komponist und Arrangeur) den Bandsound prägen. Das garantiert zwar logischerweise Vielfalt und Buntheit, doch bei einem selbst gewählten Konzeptprogramm fehlt dadurch die nachvollziehbare Linie.

Textzitate werden zwar teilweise eingebaut, um auch das Thema Literatur & Musik zu behandeln. Ansonsten steht Bernhard mit der Vielzahl seiner Werke eher als "Spirit" der Produktion im Hintergrund. Dadurch verzichtet man auf die Möglichkeit, dem Werk des im nahen Ohlsdorf beheimateten Autors eine entsprechende kantigere Musiksprache entgegenzusetzen, wodurch ja auch den bekannten Qualitäten des UAJO (in einem Gesamtkunstwerk) neue Farben verliehen würden.

So konnte man immerhin kompositorisch gelungene Ansätze feststellen, vor allem von Gitarrist Frank Schwinn, der durch seine Präsenz den Klangcharakter der Band immer stärker prägt. Auch Sängerin Ali Gaggl mit Rezitationen, freien Vokalisen und als "MasterIn of Ceremony" zählte zu den Pluspunkten. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.8.2003)