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Der türkische Außenminister Abdullah Gül trifft Dienstag vormittag Benita Ferrero-Waldner zusammen, am Nachmittag mit Wolfgang Schüssel und Andreas Khol.

Foto: Reuters/Yves Herman
Berlin/Wien - Was er sich von seinem Berlin-Besuch erhoffte, bekam der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auch: Die deutsche Unterstützung für den von der Türkei angestrebten EU-Beitritt. Bundeskanzler Gerhard Schröder, der den Gast aus der Türkei mit militärischen Ehren empfing, sagte ihm am Dienstag Hilfe zu. Die eingeleiteten Reformen seien "außerordentlich hilfreich", so Schröder. Auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) versprach Unterstützung.

Zuvor hatte Schröder im Gespräch mit Auslandskorrespondenten die Hoffnung auf eine rasche Aufnahme allerdings gedämpft. Es werde "langjährige Verhandlungen mit der Türkei" geben. Nach der Erweiterung im Mai um zehn Mitglieder brauche die EU eine Phase, "in der wir uns mehr um Integration als um Erweiterung bemühen". Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Opposition, die die Debatte um einen möglichen EU-Beitritt der Türkei "unter populistischen Vorzeichen" führe. Er erinnerte daran, dass sich Erdogan parteipolitisch der CDU verbunden fühlt, mit deren Chefin Angela Merkel der türkische Premier in Berlin auch zusammentraf.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsparteien CDU/ CSU, Fraktionsvize Wolfgang Bosbach, sprach sich am Dienstag jedoch erneut gegen die Aufnahme der Türkei in die EU aus. Er warnte davor, der Türkei jetzt Hoffnungen zu machen, die sich vermutlich niemals erfüllen ließen.

Der CDU-Politiker kündigte an, dass die Türkei-Aufnahme auch ein zentrales Thema im Europawahlkampf kommendes Jahr sein werde. Auch im bayerischen Landtagswahlkampf, der gerade auf Hochtouren läuft, wird dieses Thema von der CSU auf Kundgebungen angesprochen.

Erdogan bedankte sich bei der rot-grünen Regierung für die bisher geleistete Unterstützung, ohne die die Türkei 1999 auch nicht den EU-Kandidatenstatus erhalten hätte. Er rief während seiner Visite überraschend die rund 2,5 Millionen Türken, die in Deutschland leben, auf, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Damit werde die Integration erleichtert.

Doppelschlag

Bei dem diplomatischen Doppelschlag in deutschsprachigen Ländern schlug Außenminister Abdullah Gül in Wien in die selbe Kerbe: "Die Türkei und die EU hängen seit 50 Jahren zusammen. Wir wollen ein Teil Europas sein." Die nun beschlossenen Reformen müssten jetzt auch tatsächlich umgesetzt werden. Die österreichische Regierung versprach, die Zusammenarbeit künftig noch weiter auszubauen. (afs, plo/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.9.2003)