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Sigmund Freud Radierung von Ferdinand Schmutzer

Foto: APA/
Wien - Dieses Haus ist nicht korrekt. Zum einen werden die Nerven der Bewohner der Burggasse 19 immer wieder durch irregeleitete Schaulustige strapaziert, die den Ort einfach sehen wollen, wo Sigmund Freud seinerzeit wirkte. Seit langem schon hängt daher in einem Fenster ein Schild, auf dem eine Karikatur Freuds zu sehen ist. Daneben steht: "Sorry! This is not my former home! Your guide is wrong! You have to go to Berggasse 19!" Und dann noch als Nachsatz: "Maybe some patients live here . . ."

Gefrotzelte Touristen Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang vielleicht noch, dass die falschgeleiteten und also gefrotzelten Touristen dann vor einem Haus stehen, in dem die Psychotherapeutin Renate Frotzler-Dittrich tätig ist.

Politisch unkorrekt

Zum anderen wurde das Gebäude in der Burggasse 19 im Laufe der Zeit schlicht und ergreifend politisch unkorrekt. Mag es früher in Ordnung gewesen sein, ein Gebäude "zum schwarzen Mohren" zu nennen und das auch noch entsprechend zu beschildern, so ist dies inzwischen unmöglich geworden. Wobei es ja noch genug Leute gibt, die gar nichts dabei finden, "Mohren Bier" zu verkaufen oder "Negerschweiß" auszuschenken und sich dann über den Sturm der Entrüstung wundern. Hier an der Ecke Burggasse/Spittelberggasse heißt ein Wirtshaus so.

"Mohrenfigur" an der Hauswand

Die Bezeichnung dieses Hauses an der Ecke zur Spittelberggasse leitet sich von einer kleinen "Mohrenfigur" an der Hauswand ab und stammt noch aus jenen Zeiten, in denen sich reiche Adelige "exotische Mohren" als Bedienstete "hielten" - in Wien auch spöttisch "Muhrln" genannt. Nur in Ausnahmefällen konnten jene es zu beträchtlichem Vermögen und gesellschaftlichem Ansehen bringen, wie etwa der "Hausmohr" und Häuptlingssohn Angelo Soliman aus dem Hause Liechtenstein. Höhepunkt der Wiener Gafflust war dann allerdings, dass Soliman nach seinem Tod und entgegen seinem Willen auf Befehl des Kaisers ausgestopft und im Naturalienkabinett der Hofburg ausgestellt wurde.

Der Spittelberg war in früheren Zeiten allerdings weniger für seine "Mohren" bekannt, sondern vielmehr für seine Spelunken, Bordelle und Spielhallen. Sein schlechter Ruf war europaweit bekannt. Bis in die 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts hinein blieb der Spittelberg ein Bordellviertel. (Roman Freihsl/DER STANDARD, Printausgabe, 5.9.2003)