Was empfehlen Personalisten international tätiger Unternehmen Young Professionals, die überlegen in einem EU-Erweiterungsland ihre Karriere zu starten? Welche Stärken und Schwächen haben diese Märkte? Was bedeutet der Beitritt für die verschiedenen Branchen? Welche Veränderungen werden in den kommenden Jahren erwartet? - Dies waren die Schwerpunktthemen des Gesprächs mit hochkarätigen Human-Resources-Managern, Vorständen und Wirtschaftsspezialisten aus renommierten heimischen Betrieben.Markus Brenner, Geschäftsführer der Catro Personalberatung, sieht große Chancen für heimische Young Potentials in den EU-Erweiterungsländern, unter mehreren Voraussetzungen: "Wenn sie bereit sind, die Landessprachen zu erlernen und in Sachen interkulturelles Management in Osteuropa firm sind - werden sie jedenfalls in allen Ländern herzlich willkommen sein." Eine Veränderung in der Jobwelt werde es auf lange Sicht in den Beitrittsländern sehr wohl geben. "Denn", so Brenner, "man sucht schon heute zwischen Krakau und Prag Spezialisten in Sachen Marketing, Vertrieb, aber auch Absatzspezialisten." Dem kann Wienerberger-Vorstand Johann Windisch nur beipflichten: "Jungakademiker, die an einem guten Job in Osteuropa interessiert sind, müssen vor allem lernen, sich auf die lokale Situation einzustellen."

Zusammenwachsen Insgesamt freut sich Windisch nach dem EU-Beitritt auf ein "Zusammenwachsen der Kulturen" - auch in wirtschaftlicher Sicht. Miroslav Tantchev, Finanz-und Marketing-Chef CEE der Soravia Bauträger GmbH, sieht bei lokalen Young Professionals derzeit bessere Chancen in Spezialisten-Berufen unterzukommen: "Junge Leute ohne Berufserfahrung, die rein westlichen Managementlehren folgen, finden in den Beitrittsländern kaum Akzeptanz." Für Martin Hornig, Finanzvorstand der S-Versicherung mit Sitz in Bratislava, ist es besonders wichtig, als Österreicher in Osteuropa "Ausdauer zu beweisen": "Man soll eine Bewerbung in diesen Ländern unbedingt als ,den' Karriereschritt sehen", sagt der erfahrene Manager. Und man solle sich vor Augen führen, dass man durch diese Berufserfahrung in künftigen Positionen "punkten" könne. Hornig sieht weiters einen Trend weg von Spezialisten hin zu Generalisten, insbesondere in der Versicherungsbranche in Osteuropa. Ralf Peschek, Partner der Anwaltssozietät Wolf Theiss, ist der Meinung, Bewerber sollten vor allem zwei Eigenschaften haben: "Sie müssen integrativ und pragmatisch sein - und manchmal auch risikoreiche Entscheidungen treffen können." Gabor Hunya vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche will das alles nicht so pragmatisch sehen. Der Ungar kennt den Arbeitsmarkt in der EU ebenso wie in den Beitrittsländern: "Es hängt sehr viel von der Aufgabe ab. Man muss sich als Europäer vor allem in eine Gesellschaft eingliedern können, die sehr unter Stress leidet. Das Leben zwischen Budapest und Prag verläuft ganz anders als in Wien oder Graz."

Aufholen Außerdem würden die Märkte in Osteuropa schneller wachsen als jene der EU-Länder. Das Lohnniveau steige. Die Gesamtentwicklung sieht Hunya eher optimistisch: Die Länder würden offener, der Aufholprozess werde noch einige Jahre andauern. Wilhelm Großeibl, CEO der Schrack Energietechnik, weiß, dass international tätige Konzerne am liebsten mit Young Professionals in Osteuropa arbeiten. Doch "Profis, die mit 30 bis 35 Jahren alle beruflichen Situationen meistern können, gibt es nicht. Wertvolle Diamanten muss man über längere Zeit hinweg schleifen, damit sie besser leuchten." Seine Vision vom Arbeitsmarkt der Zukunft in den EU-Beitrittsländern beschreibt der CEO folgendermaßen: "Fächerübergreifend, die Verbindung von Energie und Sicherheit steht an erster Stelle." (DER STANDARD Printausgabe, 6./7.9.2003)