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Die Larve des Maiswurzelbohrers macht sich über die Wurzeln der Pflanze her.

Foto: apa/bayer

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Grafik: apa/hirsch
Eisenstadt/Wien - Die Experten in Europa - so auch in Österreich - treffen Maßnahmen, damit es nicht zum "großen Krabbeln" kommt. Ursprünglich aus den USA nach Europa eingeschleppt, hat sich ein neuer Schädling, der Maiswurzelbohrer, immer weiter verbreitet. Im Juli 2002 wurde er erstmals bei Deutsch-Jahrndorf im Burgenland entdeckt. Bei einer Fachtagung an dem Ort, wo man erstmals den gefräßigen Kukuruz-Käfer in Österreich ausfindig machte, wurde am Donnerstag auf die Problematik aufmerksam gemacht.

Diabrotica virgifera virgifera (zu Deutsch: Maiswurzelbohrer) heißt der Schädling. Der "corn rootworm" war immer im Mittleren Westen der USA und in Kanada heimisch - bis er, wahrscheinlich per Flugzeug, auf Interkontinentalreise ging: 1992 wurde in der Nähe des Belgrader Flughafens festgestellt. In Kroatien und Ungarn traf er 1995 ein. 1998 wurde das fünf bis sechs Millimeter große Insekt mit dunklem Kopf, gelben Hals und schwarzen Flügeln schließlich erstmals in der EU (Italien) festgestellt.

Fahndung mit Pheromon-Fallen

Ab 1999 wurde in Österreich - wegen der Nähe zu Verbreitungsgebieten in Nachbarländern - per "Pheromon-Fallen" nach dem Schädling gefahndet. Drei Jahre lang wurde nichts gefangen. Bis sich am 10. Juli 2002 schließlich in der Nähe von Deutsch-Jahrndorf bei Andau (Bez. Neusiedl/See) der Käfer anlocken ließ. Mittlerweile ist Schädling bereits an mehreren Kulturen vor allem entlang der Grenze zu Ungarn entdeckt worden.

Großräumige Verschleppung

Das Problem: Durch sein Flugvermögen und die Windverfrachtung verbreitet sich der Maiswurzelbohrer jährlich um 40 bis 80 Kilometer. Für großräumigere Verschleppung sorgen die Transportwege. Je dichter die Fruchtfolge mit Mais ist, desto schneller läuft die Verbreitung ab. Wobei der Schädling die Kulturen doppelt trifft: Nach dem Ablegen der Eier durch die Weibchen im Boden und einer Überwinterung schlüpfen im Frühjahr die Larven und fressen die Wurzeln der Maispflanzen. Die ausgewachsenen Käfer ernähren sich von Pollen, Narbenfäden, Körnern und Blättern.

Ernte-Verlust von dreißig Prozent keine Seltenheit

Das mögliche Ergebnis laut der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Enrährungssicherheit: "Die Bedeutung des Schädlings für den Maisbau in Europa lässt sich aus seiner wirtschaftlichen Bedeutung in den USA abschätzen. Dort wird der Schaden für die Landwirtschaft mit einer Milliarde US-Dollar (898 Millionen Euro) jährlich beziffert. Etwa 20 Prozent der im Feldbau eingesetzten Insektizide werden zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers aufgewendet. Ein Ernteverlust von 30 Prozent ist keine Seltenheit." Nach dem ersten Auftreten des Käfers dauert es meist vier bis fünf Jahre, bis er sich in den Mais-Erträgen bemerkbar macht.

Maßnahmenkatalog der EU

Der Maiswurzelbohrer beschäftigt mittlerweile auch die EU: Nachdem er 1998 in Italien festgestellt wurde, trat der Schädling 2002 auch erstmals in Frankreich auf. Nach der Entdeckung weiterer Befallsgebiete in diesem Jahr - im Elsass und in den Niederlanden nahe des Amsterdamer Flughafen Schiphol - stufe man den Maiswurzelbohrer mittlerweile als massive Bedrohung der Maisproduktion in der EU ein, so Matthias Lentsch, Leiter des Referates für Pflanzenschutz im österreichischen Landwirtschaftsministerium.

"Die EU-Kommission überlegt mit den Mitgliedstaaten Notmaßnahmen rechtlicher Natur", so der Experte. Ein Entscheidungsvorschlag der Kommission, der noch im September zur Abstimmung gelangen könnte, sieht ein umfassendes Monitoring hinsichtlich des Auftretens des Maiswurzelbohrers und ein Maßnahmenpaket vor, das beim ersten Auftreten oder beim Nachweis der Schädlingspopulation in einem frühen Entwicklungsstadium zu greifen beginnt.

Darin vorgesehen ist die Ausweisung von Schutzzonen - einer "Befallszone" mit einem Radius von mindestens einem Kilometer um den Fundort sowie einer "Sicherheitszone" mit einem fünf Kilometer-Radius. Darüber hinaus können auch Pufferzonen um diese Gebiete herum eingerichtet werden. In der Befallszone gelten strenge Vorschriften: Maispflanzen oder Erde dürfen während des Auftretens des Schädlings in diesem Jahr nicht außerhalb der Zone gebracht werden, die Ernte ist in diesem Zeitraum ebenfalls untersagt.

Fruchtfolge einhalten

Außerdem müssen die Landwirte in der Befallszone eine Fruchtfolge einhalten, bei der in drei aufeinander folgenden Jahren nur einmal Mais angebaut wird. Nach dem letzten Jahr, in dem der Schädling auftrat, darf zwei Jahre kein Mais kultiviert werden. Die betroffenen Felder müssen im Jahr, in dem der Maiswurzelbohrer auftritt und im Jahr danach mit einem Insektizid behandelt werden. Für die Sicherheitszone gelten etwas abgestufte Vorschriften.

"Zweck der Maßnahmen ist es, die Ausbreitung des Schädlings zu unterbinden", so Lentsch. Die EU ziele auf eine Ausrottung des Maiswurzelbohrers ab. Diese sei jedoch nur realistisch, wenn der Käfer isoliert auftritt, wie etwa in Frankreich. Bei der Bekämpfung seien die Fruchtfolgemaßnahmen am effektivsten, aber das hätte in Österreich, zum Beispiel in den Intensivmaisanbaugebieten mit Saatgutproduktion in der Steiermark gravierende Folgen, meint der Experte. Fruchtfolgemaßnahmen seien hier auf Grund der begrenzten Flächen äußerst schwierig.

Insektizide

Die österreichischen Stellen - so Dr. Michael Sturm, Unternehmenssprecher der Bayer Austria - haben dem Produkt "Gaucho" von Bayer CropScience eine für ein Jahr geltende Zulassung als Insektizid zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers erteilt. Der Wirkstoff Imidacloprid bekämpft den Schädling. "Ein noch potenteres Mittel - nämlich "Poncho", Clothianidin - gegen diesen Schädling ist in Entwicklung", erklärte der Sprecher weiter.

In den derzeitigen Befallsgebieten in Österreich sollen allerdings die strengen EU-Bestimmungen aber vorerst nicht zum Tragen kommen. In den Verhandlungen über den von der Europäischen Kommission vorgelegten Entscheidungsvorschlag habe man die Zusage erreichen können, dass die Bestimmungen erst bei Gebieten, in denen der Maiswurzelbohrer künftig auftritt, zur Anwendung kommen sollen.

Handlungsbedarf

Heimischen Handlungsbedarf sieht man bei der EU offenbar dennoch gegeben: Im Juni hatten Mitarbeiter des Lebens- und Veterinäramtes der EU Österreich einen Besuch abgestattet. Dabei seien die in Niederösterreich und im Burgenland im Vorjahr in den Befallsregionen verhängten Maßnahmen als nicht ausreichend empfunden worden. (APA)