Auch Freiberuflerin Andrea wird behandelt, als hätte sie zwölf Monate Urlaub im Jahr, um Gäste zu empfangen. Sie schreibt: Liebe Frau Reiter, Ihre Erfahrungen bezüglich Besucherandrang bei Menschen, die daheim arbeiten und in attraktiver Umgebung wohnen, kann ich nur bestätigen.

Seit mein Mann und ich ein Haus mit großem Garten und altem Baumbestand in Graz besiedeln, werden wir als ideale Zwischenstation auf Urlaubsreisen nach Kroatien angesehen. Verwandte meines Mannes aus einem ehemaligen Ostblockland nützen die Verpflegungs- und Übernachtungsmöglichkeit, der österreichische Teil der Familie hat dies sofort als ideal für groß angelegte Verwandtschaftstreffen erkannt. In diesem Sommer fielen die Guten, zeitlich versetzt, wie die Heuschrecken bei uns ein, und ich war wochenlang damit beschäftigt, den Vollpensionsbetrieb aufrecht zu erhalten. Auch Freunde aus Wien befinden, dass ihre Kleinkinder nach zweistündiger Reise dringend einer Erholung von ein bis zwei Tagen bedürfen, bis es weitergehen kann in den Süden. Das Ganze wiederholt sich natürlich auf der Rückreise. Fazit: Wir sind in diesem Sommer kein einziges Mal im Liegestuhl in unserem Garten gelegen; wenn gerade kein Besuch da war, mussten wir ja arbeiten. Daher haben wir beschlossen, dass wir offiziell für den ganzen nächsten Sommer ein Blockhaus in der finnischen Seenlandschaft mieten – und daheim in Graz keine Anrufe mehr entgegennehmen. Liebe Andrea, Ihren Zeilen entnehme ich, dass bei Ihnen jetzt endlich Ruhe eingekehrt ist. Das freut mich ganz besonders. Ich finde, wir sollten auch einmal persönlich über unser gemeinsames Problem als Freiberuflerinnen reden. Das trifft sich insofern günstig, als ich und meine Familie beabsichtigen, im Oktober Dubrovnik zu besuchen. Da könnten wir einen Abstecher zu Ihnen machen. Bettzeug nehmen wir gerne mit. Für die Jause sorgen wir: Mein Sohn wird einen Marmorkuchen backen. Sie werden sehen, wir sind sehr pflegeleicht, essen praktisch alles. Und die Zeit der Liegestühle ist ohnehin vorbei. Freundlichst, Linda Reiter (Der Standard/rondo/12/09/2003)