Noch zwei Wochen läuft die Anbotsfrist für den millionenschweren Auftrag "Elektronischer Krankenschein" (E-Card). Nervosität gibt es im Hauptverband und bei den drei Bieterkonsortien Hewlett-Packard / Bundesrechenzentrum (BRZ) , Siemens / Telekom Austria / IBM und der Deutsche-Telekom-Datentochter T-Systems .

Weiterer Flop nicht leistbar

Der Hauptverband kann sich einen weiteren Flop – der erste Anlauf zur E-Card mit dem amerikanisch-deutschen Konsortium EDS/Orga ist im Frühjahr gescheitert – nicht leisten. Die Verantwortlichen sind auch optimistisch, dass die Chipkarte 2005 startklar ist. Hauptverbandssprecher Josef Kandlhofer sagte Dienstag: „Wir sind überzeugt, dass der Zeitplan hält. Die Karte geht Ende 2004 ins Feld.“

Klappt das jetzt in drei Teilaufträge zerlegte Projekt nicht, sind die von der Regierung ab 2005 geplanten Selbstbehalte nicht administrierbar. Die Anbieter empören sich über als extrem empfundene Auflagen in der Ausschreibung. Der Hauptverband verlange ungewöhnlich hohe Haftungen und drohe mit unlimitierten, drakonischen Strafen. Auch wenn die Schuld nicht beim Anbieter liege. Hauptverbandsgeschäftsführer Volker Schörghofer verteidigte Dienstag die 1300 Seiten starke Ausschreibung. Ein „anspruchsvolles Projekt“ brauche eine „anspruchsvolle Ausschreibung“ – die bis jetzt auch von keinem der Anbieter beeinsprucht worden sei. Ende 2004 soll eine Musterordination starten: „Ich verspreche Ihnen, Ende 2005 haben acht Millionen Österreicher die E-Card.“

Pikanter Passus

Auf Anbieterseite wird ein Passus als pikant bezeichnet, der es dem Hauptverband (oder einem von ihm beauftragten Unternehmen) erlaubt, jederzeit Mitarbeiter aus dem Team des Auftragnehmers abzuwerben. Die Anbieter müssten auf alle Rechte und Ansprüche verzichten und in die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses einwilligen – und befürchten einen Aderlass bei hoch qualifizierten Kräften.

Als „absoluten Killer“ bezeichnen die Anbieter den Passus, der es dem Gewinner der Tranche I verbiete, in Phase II und III mitzubieten – weil er sonst über Wettbewerbsvorteile verfüge. Schörghofer kontert: „Grundsätzlich ist der, der Teilprojekt I gewinnt, nicht generell ausgeschlossen von den folgenden Projekten.“ Jeder Anbieter könne sein Projekt autonom erledigen und habe die Chance auf einen Zahlungsbonus, wenn es schneller abgeliefert werde. Ein Boykott der Ausschreibung durch alle Anbieter, wie er als Ausweg kolportiert wird, ist indes absolut unrealistisch. Zumindest für einen Anbieter stellen die Haftungen sicher kein Problem dar: das Bundesrechenzentrum. Es kann von seinem Eigentümer, der Republik, sogar zur Teilnahme gezwungen werden.(Luise Ungerboeck/Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe vom 24.9.2003)