Das Europaparlament hat Vorschläge der EU-Kommission für Patente auf Software als zu weitrechend abgelehnt. Bei der ersten Lesung eines entsprechenden Richtlinienentwurfs verlangte die EU-Volksvertretung am Mittwoch eine Reihe von Einschränkungen. Demnach sollen reine Software, Datenverarbeitung und computergestützte Geschäftsmethoden vom Patenschutz ausgenommen werden. Insbesondere sollen weder einzelne Programmteile (Algorithmen) noch "triviale" Teile, wie etwa ein bestimmter Balken in der Darstellung patentierbar sein.

"Technischer Beitrag"

EDV-gestützte Erfindungen sollen demnach nur patenierbar sein, wenn sie einen "technischen Beitrag" leisten – etwa bei computergestützten Bremsanlagen oder Haushaltsmaschinen.

Der Text geht nun an den EU-Ministerrat. Das Europaparlament hat in dieser Frage ein Mitentscheidungsrecht. Ohne seine Zustimmung kann die fragliche Richlinie somit nicht verabschiedet werden.

SP und VP zufrieden

Die Abgeordneten Maria Berger (SPÖ) und Othmar Karas (ÖVP) zeigten sich in ersten Reaktionen zufrieden mit den vom Parlament verlangten Änderungen. Nun seien eindeutig nur spezifische technische Lösungen patentierbar, nicht aber die Umsetzung physikalischer Anwendungen, sagte Berger nach der Abstimmung.

Schlupflöcher

Viel kritischer sieht die grüne Abgeordnete Mercedes Echerer den Gesetzesentwurf. Zwar habe die Parlamentsposition Verbesserungen gebracht, der Text lasse aber noch viele Schlupflöcher für Anwälte. Hätte man die Patentierbarkeit von Software verhindern wollen, so hätte man dies klarer zum Ausdruck bringen müssen, kritisiert sie. Sie fürchtet, dass die schon angemeldeten 20.000 bis 30.000 Patente, die zumeist in der Hand japanischer und US-Unternehmen seien, durch das neue EU-Gesetz eine einklagbare Rechtsbasis erhalten könnten. Damit sei Tür und Tor für eine "juristische Schlacht" um Softwarepatente geöffnet.

"Enttäuscht"

"Zutiefst enttäuscht" äußerte sich auch ein Sprecher des Europäischen Dachverbandes der Informatik-, Kommunikations- und Elektronikindustrie (EICTA), dem nationale Verbände in Europa sowie führende Unternehmen aus den USA, Japan und der EU angehören – darunter Siemens, Sony, Microsoft und Grundig. Sollte die Richtlinie in dieser Form verabschiedet werden, seien etwa Erfindungen im Bereich der Datenverarbeitung ausgeschlossen, weil diese nicht als schützenswerte "Technik" angesehen würden.

Gegenstandpunkt

Gegen die Richtlinie machen Vertreter der "Open-Source-Bewegung" sowie Globalisierungsgegner wie das Netzwerk Attac bereits seit Monaten mit Demonstrationen und Aufrufen im Internet mobil. Rund 200.000 Bürger, darunter freie Programmierer, aber auch Vertreter kleinerer und mittlerer Betriebe, haben eine Petition gegen das geplante EU-Regelwerk unterzeichnet. Damit wird sich am kommenden Dienstag der Petitionsausschuss des Europaparlaments befassen. (APA/dpa)