Wien - Dass Justizminister Dieter Böhmdorfer tatsächlich über eine Befristung der Richterernennungen laut nachgedacht hat, will Gerhard Benn-Ibler, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, gar nicht wahrhaben: "Ich glaube, dass er das in Wirklichkeit gar nicht ernstlich erwägen wollte", sagt er im STANDARD-Gespräch.

Er hält auf jeden Fall nichts davon: Das wäre auch mit der Unabhängigkeit der Gerichte nicht in Übereinstimmung zu bringen. "Richter sind unabsetzbar und unversetzbar. Das ist ein Gut der Rechtsordnung, das nicht zur Disposition steht."

Wie Böhmdorfer glaubt auch Benn-Ibler, dass manche Prozesse einfach zu lange dauern, obwohl sich die Entscheidungszeiten der heimischen Gerichte im EU-Umfeld sehen lassen könnten. Im Vordergrund einer Reform müsse stehen, dass der Bürger Anspruch auf eine Entscheidung in angemessener Zeit hat.

Beim Delegiertentag der Rechtsanwälte am Freitag in Linz will Benn-Ibler vor allem über die Qualitätssicherung in der Rechtspflege reden. Nicht dienlich sei in diesem Zusammenhang der Vorschlag des Präsidenten des Wiener Straflandesgerichtes, Günter Woratsch, der die Abschaffung der Geschworenengerichte fordert. Diese seien eine "zu wichtige Einrichtung der Judikatur". Vorstellbar ist für ihn jedoch eine Reform der Schöffengerichte.

Auswahlmodus ändern

Woratsch hatte in einem Presse-Interview erklärt, dass die Geschworenen als Gegenpol zu den drei Berufsrichtern heute auch aus politischen Gründen nicht mehr nötig seien. "Solange die Unabhängigkeit der österreichischen Richter nicht weiter ausgehöhlt wird, erscheint ein Misstrauen in die unabhängigen Gerichte nicht gerechtfertigt", so Woratsch.

Auch Elisabeth Rech, die Strafrechtsreferentin des Rechtsanwaltskammertages, ist gegen die Abschaffung der Geschworenengerichte. Sie sprach sich stattdessen für eine Änderung des Auswahlmodus der Geschworenen aus. Man sollte bei der Auswahl nicht nach einer Liste vorgehen, sondern Verteidigung und Staatsanwaltschaft sollten die Möglichkeit zur Selektion haben. Dies würde nach Ansicht Rechs dazu führen, dass es zu einer ausgewogeneren Zusammensetzung auf der Geschworenenbank käme und das Selbstbewusstsein der Geschworenen gestärkt würde. (APA, pm/DER STANDARD, Printausgabe, 26.9.2003)