Paris - Der Präsident des EU-Verfassungskonvents, Valery Giscard d'Estaing (UDF), warnt die europäischen Regierungen vor den Gefahren einer Abänderung des unter seiner Leitung verfassten EU-Verfassungsentwurfs. "Es könnte Nachbesserungen geben, aber jede Änderung des Gleichgewichts des Projekts würde die Ratifikationschancen in einem oder mehreren Unionsländern verringern, denn der Konsens wäre dadurch gebrochen", betonte der ehemalige französische Präsident in einem Interview, das am Samstag vom "Figaro Magazine" veröffentlicht wird.

Bezug nehmend auf die kleineren Unionsländer, die sich der EU-Verfassung in der aktuellen Form widersetzen, betonte Giscard, dass er deren politischen Führungskräfte "persönlich" kenne, und dass mehrere von diesen ihm angekündigt hätten, den Text in der vorliegenden Form unterzeichnen zu wollen. Verschiedene EU-Beitrittsländer und Unionsmitglieder, darunter auch Österreich, bemängeln an dem Projekt, dass die Anzahl der Kommissionsmitglieder bis 2009 auf 15 beschränkt wird.

"Zweckentfremdete" Volksabstimmungen

Giscard warnt in dem Interview auch vor den Gefahren einer Ratifikation der EU-Verfassung durch Volksabstimmungen. "Die Referenden werden oft zweckentfremdet. Man wird zum Zeitpunkt der Ratifikation den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kontext gelassen und umsichtig überdenken müssen. Es ist vor allem nötig, dass sich die politischen Verantwortungsträger dazu verpflichten, zur europäischen Verfassung und nur zu ihr Stellung zu nehmen", betonte der zentrumsbürgerliche Politiker. Paris hat noch nicht entschlossen, ob das Grundgesetz durch ein Referendum oder eine gemeinsame Sitzung der beiden Parlamentskammern genehmigt werden soll. (APA)