PETER HERBERT
Your My Thrill
( btl ) Bassist und noch viel mehr: Peter Herbert ist ein Musikdenker, dessen Inspiration weit über die vier dicken Saiten hinaus greift. Hier erscheint er als Komponist im Gewand der klassischen Moderne, der seine Jazzfantasien in Form eines Tributes an Billie Holiday auslebt. Da erscheinen gute alte Standards wie Solitude und Porgy kammerorchestral übermalt. Wunderbar wird die Aufnahme auch durch Christine Tobin, die ihren rauen, verschlafen zurückgelehnten Gesang ideal über das schummrige Klangambiente legt und die Songs frei von harmloser Mainstreamsteifheit hält. REBEKKA BAKKEN the art of how to fall ( Universal ) Jene Räume des Übergangs zwischen Jazz, Folk und Pop, die schon Cassandra Wilson lukrativ durchwanderte, sie sind zur Zeit am lukrativsten besetzt durch Norah Jones. Auf dieser Welle schwebt auch Rebekka Bakken mit viel musikalischer Substanz, die in ihren Kompositionen auflebt. Wenn es so weitergeht, wird Bakken eine ganz Große. Ihr markantes Timbre erinnert zwar da und dort noch an andere große Damen, und mitunter will sie reifer klingen als sie ist, was manchmal einen Hauch von Affektiertheit vermittelt. Aber wie sie melodische Linien schweben lässt und ausschmückt - das hat dieses gewisse Etwas. ANDRÁS SCHIFF Goldberg-Variationen ( ECM/Lotus ) Der Legende nach hat Vater Bach sein Variationswerk für den Grafen Keyserlingk geschrieben, der unter Schlaflosigkeit litt und sich die Goldberg-Variationen zu nächtlichen Erbauung von seinem Diener und Cembalisten Johann Gottlieb Goldberg vorspielen hat lassen. Wie das Verhältnis von Bach und Schlaf bei Pianist András Schiff ist, keine Ahnung. Er pflegt jedenfalls den Tag mit diesem kontrapunktischen Kosmos zu beginnen. Seine Goldberg-Variationen kommen klar, sachlich und unprätentiös daher. Schiff beachtet alle Wiederholungen, belebt die Sache durch Verzierungen. Mitunter verschlägt es ihn in Richtung Wiener Klassik (Variation 1), dann wieder taucht er in melancholische Untiefen ein (Variation 26). Eine runde Sache, die zu jeder Tages- und Nachtzeit Seelen reinigt. (DER STANDARD, Printausgabe, 3.10.2003)