Eine vielfältige Nutzung soll die Überbauung des Bahnhofes Wien-Mitte zu einem belebten Stadtteil machen. Die Pläne der Architekten sehen Geschäfte, Büros, ein Hotel, aber auch Wohnungen vor, erläutern sie im STANDARD-Gespräch.


Wien - Das Entrée zum Bahnhof soll sehr hell und offen werden. Eine elf Meter hohe Öffnung zur Landstraße hin, das schafft Großzügigkeit - Architektin Marta Schreieck hat schon ihre Vorstellungen, wie in der künftigen Bahnhofsüberbauung in Wien-Mitte Pendler und Reisende freundlich empfangen werden, wenn sie einmal von der Landstraße kommend den neuen Bahnhof betreten. Schreieck und Dieter Henke, zweiter Kopf des Architektenteams, das kürzlich den städtebaulichen Wettbewerb für Wien-Mitte neu gewonnen hat, präzisierten gegenüber dem STANDARD, was am Bahnhofsgelände einmal alles untergebracht werden kann und soll. Eine für die Investoren bedeutende Frage - je mehr Nutzfläche, desto mehr Profit durch Vermietung.

Der Landstraßer Bahnhof wird jährlich von rund eineinhalb Millionen Menschen durchschritten - eine Frequenz, die an kaum einem anderen Standort in Wien zu erreichen ist. Für Wirtschaftstreibende dürfte ein Geschäft am Bahnhof eine attraktive Sache werden. Daher ist auch ein Großteil der fast 6000 Quadratmeter großen Halle als "Shoppingkaskade" konzipiert, in alle Richtungen ist sie durchlässig für Fußgeher.

Entlang der Invalidenstraße - über die Gesamtlänge des Baus von rund 170 Metern - wird sich die Markthalle erstrecken. Ob sie abgerissen und neu errichtet wird, ist noch offen. Vielleicht findet sich auch ein Weg, das Prinzip "aus Alt mach Neu" sinnvoll umzusetzen. Für Dieter Henke ist es in jedem Fall "ein Stück Stadtreparatur", wenn man die bislang nicht sehr ansehnliche Markthalle integrieren könnte.

Abfahrt in die Welt

Hinter der Markthalle, quasi am "Boden" des u-förmigen Baus wird das City-Airport-Terminal errichtet. Wer dort in die S-Bahn Richtung Flughafen steigt, tritt nach zwanzig Minuten Fahrt den Weg in die weite Welt an, verspricht man seitens der Stadtplanung. Von dort ein letzter Blick zurück, gibt die Perspektive nach oben auf das künftige Hotel frei. Es wird im Turm, nach derzeitigen Plänen rund 60 Meter hoch und damit jedenfalls welterbeverträglich, errichtet. Hotelbesucher haben dann, so die Überlegung von Henke und Schreieck, einmal einen tollen Blick auf die Innenstadt, wenn sie dort oben ihre Zimmer beziehen.

Das Geviert zwischen Landstraße und Marxergasse soll einmal zu einem lebendigen Stadtteil im dritten Bezirk werden. Seitens der Bezirksleitung wurde bereits deponiert, dass Infrastruktur wie Kindergarten und Polizeistation dort untergebracht werden sollen. Für den u-förmigen Zentralbau haben sich die Architekten aber noch mehr zur Belebung ausgedacht. Es sollen obenauf, nach hinten versetzt, Wohnungen samt Dachterrassen, Cafés und Restaurants gesetzt werden. "Fantastisch" wäre die Aussicht von Penthouses am Dach in Wien-Mitte, schwärmt Schreieck. Alles andere an Flächen in dem mehrteiligen Gebäude für die Bahnhofsüberbauung ist für Büronutzung vorgesehen. Die Parkgaragen wurden, im Gegensatz zum ursprünglichen Wien-Mitte-Konzept, in die Tiefe verlegt.

Das Auto kommt nach unten, dafür tauchen in übertragenem Sinn die Schienen oben auf: Ihr unterirdischer Verlauf bestimmt die Form der beiden geschwungenen Bauten im Inneren des Gevierts, die den Geschäfts- und Bürobereich ausmachen.

Teil der Ausschreibung war es, dass der Komplex in Etappen realisiert werden kann. Der Zeithorizont liegt dafür laut Stadtplanung bei fünfzehn Jahren. Es dauert also noch, bis in Wien-Mitte alles schön und neu ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.10.2003)