Auch die Kontrolleure sind vor Versuchungen nicht gefeit. Immer wieder sind es Unregelmäßigkeiten bei Spesen, Sitzungsgebühren und Reisekosten, die ein schiefes Licht auf EU-Abgeordnete werfen. Auf Misstrauen stößt auch das zuweilen enge Verhältnis von Parlamentariern zu Lobbys.

Doch nicht nur die Gier Einzelner, schon die unsichere Rechtslage macht dem Parlament Probleme. Nicht zuletzt das neue Abgeordnetenstatut, das erst vergangene Woche wieder im EU-Ministerrat blockiert wurde, soll mehr Klarheit darüber schaffen, wofür die EU-Abgeordneten wie viel Geld bekommen dürfen.

Gegen die schlimmsten Schlupflöcher ist das Hohe Haus schon selbst vorgegangen. So müssen sich die Abgeordneten eigenhändig in Anwesenheitslisten eintragen, um Sitzungsgelder kassieren zu können. Im Mai beschloss das Parlamentspräsidium, künftig nur noch die tatsächlich angefallenen Reisekosten (in der Businessclass, wegen der Umbuchbarkeit) zu ersetzten. Mit den bisherigen Pauschalbeträgen hatten sich einige Abgeordnete ein nettes Zubrot zusammengespart.

Unverdientes Zubrot

Ein Zubrot verdienen können die Volksvertreter auch mithilfe der knapp 4600 beim EU-Parlament akkreditierten Lobbyisten. Normalerweise handelt es sich dabei in der Tat nur um ein Mittagessen hier oder einen Tagungsbesuch dort. Doch es gab auch den österreichischen Abgeordneten, der sich einen zusätzlichen Assistenten von einem Verband stellen ließ, um damit Geld und Arbeit zu sparen. Andere Parlamentarier sind selbst nebenberuflich als Vertreter von Partikularinteressen tätig, wie zum Beispiel jener deutsche Abgeordnete, der in Brüssel ein großes Medienunternehmen berät. An Abstimmungen, die Firmeninteressen berühren, nimmt er dann allerdings nicht teil. (Jörg Wojahn, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 20.10.2003)