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Wien - Vor zehn Jahren, sagt Matthias Kamp, sei er in irgendeiner Wohnung auf einer Bierkiste gesessen und habe einfach ein bisserl Musik gehört. Leichtes, sonniges, jazziges Zeug. Sachen, die außer ihm und einer Handvoll seiner Freunde damals scheinbar keiner hören wollte: Die Clubs spielten Britpop, Techno oder House. Und darum blieb Matthias Kamp und seinen Freunden nichts anderes übrig, als auf in irgendwelchen Wohnungen auf Bierkisten zu sitzen, selbstimportierte Platten zu hören und mit ein paar Musikern dazu zu jammen.

"Sunshine" nannte sich der Freundeskreis schon damals. Und er wuchs. Von Wohnungs- zu halblegalen Caféhausparties. Dann über als Insidertipps weitergeflüsterte Clubadresse im Schutzhaus "Zukunft", in die Rosenhügelstudios und das Casino Baumgarten bis - zuletzt - als einer der Hauptakteure des Wiener Clublebens in die Meierei im Stadtpark. Dort war aber vor genau 390 Tagen das Ende der Partyherrlichkeit angesagt: Die Meierei ist nun Heimat des Nobelrestaurants "Steirereck"

Am Donnerstag, 23.10., wird Kamps Sunshine-Gruppe - mittlerweile längst ein professionell geführtes Party-Unternehmen - ihre erste selbsteingerichtete (und auf 15 Jahre gemietete) Bleibe eröffnen: In einjähriger Arbeit - und mit einer Million investierten Euro - wurde die Babenbergerpassage unter der Ringstraße zu einem feinen, 400 Menschen fassenden Club umgebaut.

Die Location - jenes Relikt aus den autoverliebten 60er-Jahren, in denen alles ohne Verbrennungsmotor aus dem Blickfeld der modernen Welt verbannt werden sollte - habe seiner Gruppe die Stadt angeboten, erzählt Kamp: Als klar war, dass die Meierei von ihrem Pächter Johannes Hübner an die Stadt Wien zurückgehen werde und diese begann, mit den Haubenköchen des "Steirereck" als neuen Mietern zu liebäugeln, habe er bei Finanzstadtrat Sepp Rieder (SP) angeklopft: "Ich habe gesagt, es wäre doch schade, wenn da ein Stück Kulturarbeit vernichtet würde." Rieders Mitarbeiter (zum Teil selbst Sunshine-Besucher) sahen das auch so, "und schlugen uns die Passage, von der ohnehin keiner wusste, was man daraus machen solle, vor."

Vor zehn Jahren, sagt Matthias Kamp, sei er in irgendeiner Wohnung auf einer Bierkiste gesessen und habe einfach ein bisserl Musik gehört. Leichtes, sonniges, jazziges Zeug: "Daran hat sich nichts geändert. Wir haben einfach immer nur das getan, was uns Spaß gemacht hat Musikhören mit Freunden." (Thomas Rottenberg/DER STANDARD, Printausgabe, 22.10.2003)


Passage: Da fährt die Bim drüber

Nach langem Widmungsstreit und ausgiebiger Umbautätigkeit findet die Babenbergerpassage diesen Donnerstag ihre neue Bestimmung. Das bisher wenig frequentierte Loch unter dem Ring mutiert zum ständigen Clublokal mit schickem Ambiente. Programmtechnisch wird dort fortgesetzt wird, wo die etwas unfreiwillig dichtgemachte Meierei im letzten Jahr aufgehört hat.

Kein Wunder, schließlich erhielt die früher im Stadtpark tätige Sunshine-Gang den Zuschlag der Stadt Wien, den unterirdischen Laden mit dem - Gott sei Dank - unaufgeregten Namen Passage zu betreiben. Anfangs wird nur an drei Abenden Programm gemacht. Am Eröffnungsabend stellt sich der After Eight Club vor, um den von der Arbeit dorthin volleyierten Menschen ihr After-Programm zu bieten. Den DJ-Auftakt bestreitet Nigel Hayes.

Die Freitage stehen ganz im Zeichen des Haargels, wenn der aus dem Palais Kinsky und der Meierei bekannte Club Fusion mit House-Klängen zur körperlichen Ertüchtigung auf die Tanzfläche lädt.

Der Samstag gehört den Hausherren: Heinz Tronigger sorgt im Verein mit Stargast Richard Dorfmeister für eine wohl souveräne Auflege. Bleibt zu hoffen, dass die Nachbarn mitspielen. Denn als einst im Rahmen von Phonotaktik der Ort beschallt wurde, wussten sich diese nur mittels Bombendrohung und anschließender polizeilicher Räumung zu helfen! Kein Scherz. (lux/DER STANDARD, Printausgabe, 22.10.2003)