Ehe in Österreich: Von strenger Reglementierung zu hohen Scheidungsraten
Redaktion
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Ehe war in Österreich wie in anderen christlich geprägten Ländern die längste Zeit rechtlich, religiös ebenso wie sozial stark
reglementiert. So sah etwa das 1811 geschaffene Bürgerliche
Gesetzbuch nicht die Zivilehe vor, die erst 1938 im
Nationalsozialismus eingeführt wurde. Aus diesem Grund war auch die
Scheidung aus der Ehe nicht möglich, da die Ehe, zumindest in der
Monarchie beziehungsweise bis 1938, auch staatlicherseits als religiöses,
christlich-katholisches Sakrament angesehen wurde, welches bis zum
Tode reichte. Die Möglichkeit zur Zivilehe wurde jedoch in Ungarn
bereits 1894 eingeführt, eine juristische "Freiheit", die zur damaligen Zeit zu einem wahren Eheschließungs-Boom aus
dem österreichischen Teil der Monarchie führte.
Gemeinden erteilten Eheberechtigung aus
Wie sehr auch von staatlicher Seite die Ehe reglementiert wurde, lässt sich an der sogenannten "Eheberechtigung", die bis
1868, teilweise, wie in Vorarlberg noch bis 1920 existierten, ablesen. Hierbei
musste ein heiratswilliges Paar bei der Gemeinde um die Erlaubnis zur
Heirat nach Erbringung des Beweises des finanziellen Selbsterhaltes
beziehungsweise eines Sittlichkeitszeugnisses ansuchen.
Bürgerliches Ehe-Modell bis in die 60er
Ab dem frühen 20. Jahrhundert setzte sich dann immer mehr das
bürgerliche Ehemodell mitsamt Kleinfamilie gesellschaftlich durch,
wobei am Land bzw. in den ArbeiterInnenschichten noch andere Formen des
Zusammenlebens akzeptiert und praktiziert wurden. Dem bürgerlichen
Ehemodell folgten bis Ende der 60er Jahre manchmal bis zu 95 Prozent
einer Generation.
Bruch
Der große Bruch fand dann in den 70er Jahren fest, als die
Verfügung über geeignete Verhütungsmittel, neue Lebens- und
Arbeitsentwürfe und von Seite der Frauen emanzipatorische Inhalte
immer weiteren Anklang fanden. Dennoch scheint die in den 70er Jahren
getroffene Prognose vom "Tod der Ehe" nicht zuzutreffen, da trotz
hoher Scheidungsraten der Weg zum Standesamt noch immer gesucht wird,
freilich in abnehmender Tendenz.
(red)
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