Wien - Als "recht umfassendes" Maßnahmenpaket für den Medikamentensektor beurteilt IHS-Gesundheitsökonomin Maria M. Hofmarcher das von der Regierung beim Gesundheitsgipfel vorgelegte Papier. Explizites Lob gibt es von Hofmarcher für die "adäquate Weiterentwicklung des Instruments Chefarztpflicht".

Ab 2004 müssen nicht mehr die Patienten zu den Chefärzten pilgern, sondern die verschreibenden Ärzte werden durch die Kassenärzte kontrolliert - was "sinnvoll und wichtig" sei, sagt Hofmarcher im STANDARD-Gespräch.

In der reduzierten Rezeptgebühr für Generika (billigere Nachbauten von patentabgelaufenen Originalarzneien) sieht die Expertin eine "sinnvolle Sache", die auf den in Österreich unterdurchschnittlichen Generikaverbrauch im EU-Vergleich "stimulierend sein kann". Die Patienten würden finanziell entlastet, die Ärzte hätten einen "Anreiz, besser nachzudenken, was sie verschreiben", so Hofmarcher.

Der Generikaverband ist indes wenig begeistert von Rauch-Kallats Plänen. Verbandspräsident Johann Wimmer sieht einen "Kniefall vor der Pharmalobby". Den Generika-Anbietern würden Preiskürzungen um die Hälfte abverlangt, die forschende Pharmaindustrie verhandle währenddessen über eine Angleichung, also Anhebung ihrer Preise auf EU-Durchschnitt, was ein Preisplus um 14 Prozent bedeute. "Sehr verärgert" sind die Generikafirmen über die "Wirtschaftskammer, der wir Pflichtbeiträge zahlen, die uns aber nicht ordentlich vertritt".

Die Ärztekammer begrüßte den Wegfall der "Bürokratiehürde" Chefarztpflicht für die Patienten, allerdings wehrt sie sich gegen eine "Gängelung" bei der Verordnungspraxis.

Grundsätzliche Zustimmung zum Arzneipaket kommt vom Hauptverband. Der zuständige Geschäftsführer Josef Probst sieht aber noch eine "Reihe von offenen Fragen". Die Chefarztkontrolle möchte er noch vor Verlassen der Arztpraxis einholen lassen. Er fordert zudem eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneien (derzeit 20 %).

In Sachen Chipkarte reagiert Hauptverbandssprecher Josef Kandlhofer - im Gegensatz zu Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck - skeptisch auf das Angebot der Banken, die Bankomatkarte auch als elektronischen Krankenschein zu verwenden. Das sei genau zu prüfen.

Die SPÖ kritisierte den Gesundheitsreformdialog als reine "Verkündigungsveranstaltung", die Grünen als "Selbstdarstellung der Regierung". VP-Konter: Alles nur "Rundumschläge" der Opposition. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 29.10.2003)