Jena - Jede dritte deutsche Schülerin im GymnasiastInnenalter hat einer Jenaer Studie zufolge eine Frühform von Essstörungen. "Vor allem Mädchen unter starkem Leistungsdruck und mit einem Drang nach Perfektionismus sind dafür anfällig", sagte der Jenaer Psychologe Bernhard Strauß.

Der Professor für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Jena untersuchte in einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie mehr als 700 SchülerInnen und StudentInnen im Alter von 12 bis 32 Jahren auf Symptome von Essstörungen. Mit dem Thema Essstörungen befasste sich am Donnerstag in Jena eine Tagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Rolle des medial vermittelten Körperbilds

"Essstörungen sind mittlerweile eine der häufigsten psychischen Störungen im Jugendalter", sagte Strauß. Mädchen seien stärker betroffen als Jungen, häufig jagten sie einem von der Werbung vermittelten Körperideal nach. Magersucht ist dem Experten zufolge neben der Depression die psychische Erkrankung mit der höchsten Todesrate. Etwa zehn Prozent der Magersüchtigen sterben an ihrer Sucht.

Erste Anzeichen

"Wenn sich junge Mädchen gedanklich ständig mit dem Essen beschäftigen, Kalorien zählen, nur winzige Portionen essen, Lebensmittel für heimliche Fress-Attacken horten und sich häufig erbrechen, sind das Anzeichen für Essstörungen", erläuterte der Experte. Gefördert werden diese seiner Ansicht nach durch sich wandelnde familiäre Gewohnheiten wie seltener werdende gemeinsame Mahlzeiten.

"Ein gestörtes Essverhalten ist immer ein Ventil", sagte Strauß. Meist steckten unbewältigte Ängste und Konflikte dahinter, etwa Pubertätsprobleme. Oft seien die Störungen Ausdruck einer bestimmten Familiendynamik, etwa der generellen Unfähigkeit, familiäre Konflikte auszutragen. Druck von den Eltern und Konfrontation sind nach Einschätzung des Psychologen das falsche Rezept gegen Essstörungen. "Eltern sollten vielmehr mit ihren Kindern reden oder mit ihnen eine Beratungsstelle aufsuchen."

Heilungschancen

Bulimie und Magersucht seien prinzipiell heilbar. Die Behandlung übernehmen niedergelassene Psychotherapeuten und Fachkliniken. Neben Gesprächs- und Verhaltenstherapie umfasst sie auch eine Ernährungsberatung. (APA)