Wien - "Keaton als Regisseur, als 'kompletter Autor': Das ist unerreichte musikalische Präzision im Arrangement von Gags und Verfolgungsjagden; eine Politik des romantischen Individuums inmitten der Maschinen, Städte, Verkehrsmittel des 19. und 20. Jahrhunderts." So kündigt das Österreichische Filmmuseum seine bisher umfassendste Buster Keaton-Retrospektive an, die ab Montag (1.12.) bis 21. Dezember zu sehen ist. Weitere Schwerpunkte im Dezember-Programm: ein James Joyce-Special, Filme der Marx Brothers und anderer "Brothers in Marxism", der Director's Cut des Horrorthrillers "Alien" und "The Wizard of Oz".

Pokerface

Buster Keaton, am 4. Oktober 1895 als Joseph Frank Keaton IV in Piqua (Kansas) in eine Schaustellerfamilie geboren, stand schon als Kind auf der Bühne. "The Three Keatons" führten diverse Vaudeville-Shows auf, in denen Buster mit seinem akrobatischen Talent brillierte und als ungehöriges Kind alle Disziplinierungsmaßnahmen seiner Eltern mit jenem ungerührten Pokerface ertrug, das später zu seinem Markenzeichen wurde. Als sein Vater endgültig dem Alkohol verfiel, ging Keaton nach New York.

Dort gab er 1917 in Roscoe "Fatty" Arbuckles "The Butcher Boy" sein Filmdebüt. Bei dem erfolgreichen Filmkomiker lernte Keaton, bald auch als dessen Regieassistent, das Handwerk. Als Arbuckle 1920 zu Paramount ging, drehte Keaton für dessen Produzenten Joseph M. Schenck in acht Jahren nicht weniger als 18 Kurz- und 13 abendfüllende Stummfilme und spielte nebenbei die Hauptrolle im abendfüllenden MGM-Film "The Saphead" (1920). Die schwarze Komödie "Our Hospitality" markierte den Beginn einer Serie von Meisterwerken, in denen Keaton seiner Faszination für Mechanik (und ihre tückische Entgleisung) huldigte, darunter "The Navigator" und "The General" und zuletzt "The Cameraman (1928)".

Nach dem Verkauf von Schencks Firma an MGM und dem Übergang zum Tonfilm wurde Keaton in Routineproduktionen verheizt. Er begann zu trinken, wurde gefeuert und kehrte nach einer Entziehungskur Mitte der 30er Jahre als Gagschreiber, immerhin auch für die Marx Brothers, zurück. Sein Spätwerk beschränkte sich großteils auf Kleinstrollen. Als er am 1. Februar 1966 an Lungenkrebs starb, begannen die Zeitgenossen gerade erst, sein Genie neu zu entdecken. Im Filmmuseum sind neben den bekannten Meisterwerken auch jene Arbeiten zu sehen, die Keaton zwischen 1917 und 1920 gemeinsam mit Fatty Arbuckle gestaltete.

Unter dem Titel "Joyce im Kino" präsentiert Joyce-Kenner Kurt Palm am 5. und 6. Dezember drei Programme zu dem irischen Schriftsteller, der einige Zeit selbst ein Kino in Dublin betrieb. Gezeigt werden sämtliche Kurzfilme, die Joyce 1909 in seinem Volta-Kino präsentierte, außerdem "Finnegans Wake" (1965) - der Versuch der US-amerikanischen Filmemacherin Mary Ellen Bute, Joyces Text ins Filmmedium zu übertragen - und John Hustons letzter Film "The Dead" (1987).

Zwischen 26. und 31. Dezember stehen wie im Vorjahr Filme der Marx Brothers sowie deutscher und sowjetischer "Brother in Marxism" - u.a. Sergej Eisenstein, G.W. Pabst, Alexander Dovshenko und Dziga Vertov - auf dem Programm. Die österreichische Erstaufführung des Director's Cut von Ridley Scotts klassischem Science-Fiction-Schocker "Alien" (1979) bestreitet die Premiere des Monats (12. und 21.12.). Im Rahmen der "Geschichte(n) des Kinos" wird am 21. Dezember außerdem "The Wizard of Oz" (1939) mit Judy Garland gezeigt. (APA)