"FKK"

"Zwei Körper"

Anna Fuchs

Hamburg nennt sich keck Designhochburg, was, zugegeben, nur darauf basiert, dass dort die meisten Designbüros in ganz Deutschland gemeldet sind. In der Stadt, die man in Sachen Mode am ehesten noch mit Jil Sander assoziiert, gibt es keinen so augenfälligen Stil wie in Berlin mit seinem Kellerkinder-Charme. Dafür haben sich in der Hansestadt junge Labels etabliert, die Hamburg und der Welt zeigen, wie man modisch Aufsehen erregen kann, etwa im Karolinenviertel nahe der City, wo erschwingliche Ateliermieten zahlreiche Kreative angelockt haben.

Einst als alternatives Schmuddelviertel verschrien, wird es in Hochglanzmagazinen längst als Hamburger Shopping-Geheimtipp gehandelt. In diesem bunten Mikrokosmos näht etwa das "Atelier für Frottier" aus flauschigen Frottierhandtüchern Hotpants, T-Shirts und Taschen, die auch von Paul Smith in London geordert werden (www.atelierfuerfrottier.de), oder macht "M 39" folkloristisch angehauchte Mode und lässt mit gekonnten Stilbrüchen Oberteile und Röcke zu raffinierten Hinguckern werden (www.m39.de).

Und hier sitzt auch Anna Fuchs. Im Umfeld von Secondhandshops und Hippiekramläden wirkt ihr Showroom wie ein Schwan unter lauter hässlichen Entlein: Auf der Stange hängen elegante Kleider und sexy Overalls in fließenden, schmeichelnden Stoffen, perfekt geschnittene Träume aus Jersey, Lycra, Crêpe Georgette. Bei der 29-jährigen Designerin läuft es gerade rund: Die jüngste Kollektion ist bereits ausverkauft, die Kundinnen sind durchaus prominent, und jetzt haben auch noch New York und London angeklopft. Was sie richtig macht? "Ich mache Kleider", sagt Fuchs. "Und deren Geheimnis ist Erotik."

Fasziniert von dem Frauentypus des Film Noir der Vierzigerjahre mit seiner Mischung aus Macht, Sex und Gefahr kreiert Fuchs Mode für Frauen, die ihre Weiblichkeit genießen. Und ihre Karriere. "Kleidung bedeutet immer auch Inszenierung", sagt Fuchs und läuft so flink durch ihren Laden, als habe sie Sneakers und keine eleganten Stilettos an den Füßen. So raffiniert die Kleider auch geschnitten sind, der Tragekomfort liegt der Designerin am Herzen. "Ich trage keine Hosen, weil ich die unbequem finde. In meinen Kleidern sollen sich Frauen gut fühlen." Und glamourös.

Fuchs' Herbstkollektion "Hände hoch, Herr Hahn", die schon im Titel selbstironisch das Bild der starken Frau impliziert, betont in klassischer Form die weibliche Silhouette: etwa das wadenlange schwarz-grüne Mantelkleid im Stil der 40er-Jahre, mit Spatenkragen, Empiretaille und schmalem Gürtel, oder das knallrote Lycra-Kleid samt Ballonärmel, tiefem Ausschnitt und Hemdkragen. Strenger im Look das Nadelstreifenkleid, lediglich mit einer kleinen Schnalle an der Seite geschlossen. Dass sich Kleider auch im Alltag zum Lieblingsstück von Frauen wandeln können, obwohl viele eigentlich lieber Hosen anhaben, dessen ist sich Fuchs sicher: "Frauen schaffen sich einfach ihre eigenen Anlässe, Kleider zu tragen, statt darauf zu warten, erst von einem Mann zum Essen eingeladen zu werden."

Ausgefallene Stoffkombinationen bei einfachen, klaren Schnitten

Ein paar Kilometer weiter südlich von Anna Fuchs ist der Hafen, und das Umfeld eher für portugiesischen Milchkaffee denn für hamburgische Mode bekannt. Trotzdem haben Michael Kauper (37) und Achim Sauber (34) von "Zwei Körper" seit fast drei Jahren ihren Showroom dort. Und wenn die Lage dazu führt, dass Schauspielerin Katja Flint nachts vorbeischlendert und am Tag darauf Kundin wird, ist es den beiden auch recht.

Ausgefallene Stoffkombinationen bei einfachen, klaren Schnitten gehören zu ihrem Markenzeichen. Bestand die erste gemeinsame Kollektion noch aus verwandelbaren Unisex-Modellen, haben sie sich mittlerweile Mode für beide Geschlechter zugewandt. Beim Spiel mit Farben und Stoffen mixen sie für die neueste Kollektion "Souvenir" robuste Wolle und zarte Stickereien, Nadelstreifen mit Organza und applizieren Strasssteinchen auf Lycra-Oberteile. Oder sie experimentieren mit Verschlusstechniken: beim schlichten Herrenhemd durch Haken und Ösen auf dem Rücken, der spinnennetzfein gestrickte Pulli mit groben Löchern hingegen wird mit Druckknöpfen zusammengehalten.

Im Hamburger Stadtteil Eppendorf, dem Sitz des Designerduos "FKK", würden böse Zungen das Hanseatenklischee noch am ehesten vermuten. Tobias Jopp und Stefan Harm sind aber weit davon entfernt, mit ihrem Label dieses Klischee zu bedienen. "Unser Stil ist geprägt von einem klassischen, sportiven Chic", sagt Jopp, "weder trashig noch glamourös." Stattdessen entwerfen sie schnörkellose, lässige Designerstücke aus Jersey, Baumwolle und Strick, die auch dem Ausland gefallen: In Japan, Kuwait und Österreich trägt man schon FKK. Ganz schnörkellos ist ihre aktuelle Kollektion "Hüttenzauber" nicht, denn Hirsche, Kuckucksuhren und Falken, auf Elasthan-Shirts, Mäntel oder Kapuzenshirts gedruckt, kombinieren romantisch-kitschige Elemente mit dem Sportlook von FKK.

Reminiszenzen an die 70er-Jahre sind zahlreich: "Aber nicht, um auf der Retrowelle mitzureiten. Das war einfach immer schon FKK-Design", betont Jopp. Den Sinn fürs Detail entdeckt man an dezenten Raffungen an Ausschnitten und Raglanärmeln oder Abnähern an Wollhosen im Anzugstil. Auf individuelle Kundenwünsche, etwa bei der Stoffauswahl, geht man gerne ein. "Damit besetzen wir ganz einfach eine Marktnische." (DerStandard/rondo/5/12/03)