CHUCHO VALDÉZ New Conceptions (Blue Note/EMI) Herr Chucho Valdéz, das ist ein swingender Herr, der seinen Musikauftritt langsam aufbaut, ein hübsches Motiv hineingetupft in den Karneval der Rhythmen, der ihn umgibt. Das Pulver soll schließlich nicht zu schnell verschossen werden, auf Dramaturgie muss geachtet werden. Dann allerdings geht es langsam aber sicher los. Herzhafte Glissandi, fette Blockakkorde, die in die polytonale Welt eines Herbie Hancock wandern, wahnwitzige lineare Dialoge zwischen linker und rechter Hand, und plötzlich steht man vor einer modalen Welt, die von wenigen Begleitriffs ausgehend ekstatische Pracht entfaltet. Valdéz ist in erster Linie nicht der verinnerlichte Poet, eher der diesseitig orientierte Energiekünstler - aber seine Technik und seine musikalischen Absichten und Möglichkeiten sind in schöner Balance. Hier verwirklicht sich seine an John Coltrane geschulte Kunst auf Basis von Valdéz-Tunes. Aber auch Standards wie You Don't Know What Love Is sind zugegen . Und schließlich die Ellington-Hommage: brav mainstreamig ist oft die Themen-Vorstellung, glatt, aber die Improvisationen (samt Eruptionen) machen diese afro-kubanische Sache zur Besonderheit. HILARY HAHN Bach-Concertos (Deutsche Grammophon/Universal) Mit 16 legte sie wundermädchenhaft-brav Bachs Solo-Partiten und Sonaten vor, wird seitdem gefeiert und ist mit ihren 23 Jahren nun noch immer dabei, und dies zurecht: Die amerikanische Geigerin Hilary Hahn ist kein dressierter "Musikpudel", vielmehr ein ernsthaftes Mädchen mit ausgeprägtem Kunstwillen und einer Schwäche für Vater Bach. Den nun vorgelegten Aufnahmen mit dem Los Angeles Chamber Orchestra unter Jeffrey Kahane sind einige Live-Konzerte vorausgegangen, was nur nützen kann. Und man hört: herzhaft-energischer Zugriff, der Drive stimmt. Hahn hat durchaus auch einen Hang zu poetischen Momenten, die Noten atmen Leben und Emotion. Man vernimmt kein strohtrockenes Abspulen der Noten und auch kein pseudoromantisches Gesäusel. Die Balance zwischen den diversen Ausdruckswelten stimmt, die Zwiegespräche mit dem Orchester haben in dieser Welt der Kontrapunktik kammermusikalische, intensive Qualität. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.12.2003)