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Das Medikamentenpaket wurde einstimmig beschlossen

foto: apa/gindl
Wien - Der Protest verhallte ohne Wirkung: Am Donnerstag beschloss das Parlament mit den Stimmen der Regierungsparteien das von der Pharmaindustrie bis zuletzt heftig bekämpfte Medikamentenpaket als Abänderungsantrag zum ASVG. Das sind die Eckpunkte:

[] Künftig gibt es einen geänderten, stufenweisen Zulassungsmodus für Medikamente, das dafür zuständige Gremium wird schlanker.

[] Die Industrie muss EU-Durchschnittspreise für ihre Mittel verrechnen. Für Medikamente nach Ablauf der Patentfrist sowie für das erste danach auf den Markt folgende Generikum (Nachahmerpräparat) gelten fixe Abschläge. Denn das Ganze soll auch Kosten sparen helfen.

[] Zwei Punkte betreffen die Patienten: Sie werden für Generika weniger Rezeptgebühr zahlen müssen. Und die Chefarztpflicht für teure Medikamente entfällt. Künftig wird die Krankenversicherung die Ärzte kontrollieren, die wiederum zu ökonomischer Verschreibweise verpflichtet werden. Bis 31. März muss der Hauptverband der Sozialversicherungsträger dazu eine Richtlinie veröffentlichen.

[] Pharmaunternehmen werden verpflichtet, in den kommenden drei Jahren zwei Prozent ihres Arzneimittelumsatzes mit den Krankenkassen als "Solidarbeitrag" an den Hauptverband der Sozialversicherung zu zahlen. Aventis Österreich hat aber bereits mit Zahlungsboykott gedroht, sollte man der Industrie nicht noch entgegenkommen.

Funktionär im Regen

Auf Druck der Pharmaindustrie musste deren Verhandler, Wirtschaftskammer-Fachgruppenchef Eberhart Pirich, seine Unterschrift unter die Vereinbarung zurückziehen. Pirich fühlt sich dadurch "ein wenig im Regen stehen gelassen", meint aber im STANDARD-Gespräch: "Das muss man als Funktionär aushalten." Zwar habe man die Einsparungen nur "zähneknirschend" akzeptiert, doch ansonsten handle es sich um eine sogar europaweit zukunftsweisende und patientenfreundliche Regelung. Ein wenig Spielraum sei auch noch durch Detailverhandlungen gegeben.

Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat verteidigte ihr Paket: Dass die Sozialversicherung ihr 20-köpfiges Beratungsgremium zur Hälfte selbst beschicke, sei verständlich. Ein Fortschritt gegenüber früher sei das aber trotzdem. Denn bisher stand das Kräfteverhältnis 24 zu sieben, ab jetzt steht es 10 zu 10. Das Verfahren selbst sei vereinfacht worden. Zum Vorwurf der Generikaindustrie, dass nun "Planwirtschaft" herrsche, meint sie: "Ganz im Gegenteil, wir liberalisieren den Generikamarkt. Ab dem dritten Generikum ist der Markt frei."

Die Opposition betrachtete die ASVG-Änderung mit gemischten Gefühlen, stimmte daher nicht mit. Die SPÖ brachte einen eigenen Abänderungsantrag "betreffend Dämpfung des Zuwachses bei den Heilmitteln" ein. Darin steht unter anderem: Senkung der Großhandels- und Apothekenspannen auf EU-Niveau, Apotheken sollten bei gleichem Wirkstoff das kostengünstigste Medikament abgeben müssen, Ärzte sollten wirtschaftlicher verschreiben.

Bei den Grünen argumentierte deren Hauptredner Kurt Grünewald, dass er vieles am Paket "passabel" finde. Bedenklich finde er aber zum Beispiel, dass die Chefarztpflicht nun den Ärzten angelastet werde. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.12.2003)