Wien - Wenn Gene Ween während eines Konzerts die Natur kommt, dann soliert sich Dean Ween eben so lange einen an der Gitarre runter, bis sein falscher Bruder zurück auf die Bühne kommt, sich die Hose ordentlich hinaufzieht und in das schon auch irgendwann enden wollende Voodoo Lady wieder einsteigt: "You drive me crazy with that Boogie Boogie Boogie!"

So geschehen am Donnerstag im ausverkauften WuK, in dem eine der originellsten US-Bands der letzten 15 Jahre eines ihrer hierzulande raren Gastspiele gab.

Die "Brüder" Ween heißen eigentlich Mickey Melchiondo und Aaron Freeman, stammen aus Pennsylvania, sind seit gemeinsamen Teenagertagen befreundet und haben seit damals angeblich an die 5000 Songs aufgenommen. Die wenigen davon auf Platten gepressten gelten als Kult. Welche davon die beste ist, darüber gibt es wahrscheinlich schon Diplomarbeiten an amerikanischen Colleges.

Pure Guava oder The Pod dienten Musikern wie Beck zweifelsfrei als Vorlage und sind - wie fast alle - durchzogen von einer ordentlichen Portion Wahnsinn: Ween sind große Kinder. Sie sind sympathische Stoner und nervtötende Nerds. Landungsklatscher und Warmduscher. Politisch leidenschaftlich unkorrekt. Und sie lieben hochgefönten Prolo-Metal ebenso wie Priem spuckenden Country, dreckigen Punk oder Jazz. Und auch psychedelische Eskapaden, wie man seit dem aktuellen Album Quebec weiß.

Das führt gerade live zu einer gewissen Sprunghaftigkeit. Auf einen zähen Brocken Prog-Rock folgt eine hingeschluderte Version von Spinal Meningitis (Got Me Down), dann ein abgefuckter Countrysong (Piss Up A Rope) und quer durch den Gemüsegarten zurück. Das wäre okay, würde die fünfköpfige Liveband dabei nicht so grob fahrlässig mit ihren Songs umgehen und die offenbar schon hundertfach gegebenen Stücke etwas weniger lieblos spielen.

Wie intensiv es nämlich auch geht, zeigte sich in der epochalen Hassnummer You Fucked Up, in der Gene die Klartext sprechenden Trennungszeilen mit einer solchen Inbrunst ins Mikro brüllte, dass einem die Gänsehaut den Rücken raufgekrochen kam: "You fucked up - you fucking Nazi-whore! You dicked me over - but now you'll pay! You fucked up - aaaahhh!"

Punktgenau wurde hier angesetzt und abgedrückt - herrlich! Dafür musste man bei The Molusk vom gleichnamigen Album leiden: Es wurde ebenso räudig runtergespielt wie der die Weensche Infantilität auf den Punkt bringende Song Waving My Dick In The Wind. Den Fans war das egal. Sie kauften den Merchandise-Stand schon vor dem Konzert leer und wohnten der gerne an die Dreistundengrenze spielenden Band bis zum schweißnassen Ende bei: "You drive me crazy with that Boogie Boogie Boogie!" (DER STANDARD, Printausgabe, 6./7./8.12.2003)