Die Rolle der Frauen auf der jeweils anderen Seite der Eisernen Mauer wurde während des Kalten Krieges zum Mythos stilisiert.
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Pavla Frýdlová vom Projekt "Pamet zen/Women's Memory" sieht wichtige Anstöße für die Zivilgesellschaft in ihrer Arbeit

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Women's Memory im Netz
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Bereits seit 1991 arbeiten Wissenschafterinnen unterschiedlicher Disziplinen am Projekt "Women's Memory". Pavla Frýdlová, Historikerin und Mitglied des Zentrums für Gender Studies: "Unter dem Staatssozialismus haben Frauen eigene Wertvorstellungen, Ansichten und Einstellungen herausgebildet. Sie haben Strategien entwickelt, im Spagat zwischen offizieller Staatsideologie, gesellschaftlichen Zwängen, Erwerbstätigkeit und der traditionellen Verantwortung für Familie und Haushalt. Sie hatten mit der Unterdrückung als Bürgerin und Frau zu leben."

Und diese Erinnerungen gilt es für die Nachwelt sicht- und erhaltbar zu machen. Wissenschafterinnenteams aus Tschechien, Deutschland, Kroatien, Ex-Jugoslawien, der Ukraine, Montenegro und Polen führten Interviews mit fast 500 Frauen der Geburtsjahre 1920 - 1960 durch. Pavla Frýdlová: "Wir wollten die Geschichte der Frauen während der Sozialismus-Ära in der ganzen Komplexität ihrer Lebenserfahrungen, mit allen positiven und negativen Vorzeichen festhalten. Und genauso mit den eigefahrenen Mythen und Klischees brechen. Nicht zuletzt wollten wir auch sehen, welche Unterschiede es zwischen den einzelnen Osteuropa-Ländern gab, was uns verbunden hat und getrennt."

3 Generationen Emanzipation, Patriachat, Stereotypen und Geschlechterrollen

Die Interviews werden in der Tradition der "Oral History" und Biografieforschung geführt und ausgewertet. Freies Erzählen und Fragen zu speziellen Themenbereichen wechseln sich ab. Frýdlová: "Es ging uns eben nicht nur darum, nur "Daten" zu sammeln, sondern auch in den Frauen Prozesse der Reflexion über die eigene Identität in Gang zu setzen. Es wird die gelebte und erlebte Wirklichkeit "erfragt" und nicht etwa eine objektive "Wahrheit". Und die Gespräche bedeuten fast ohne Ausnahme für beide Seiten ein bewegendes, tiefgreifendes Erlebnis. Aus vielen Interviews entwickelte sich oft ein echtes Gespräch."

Ganz im Verständnis einer "Alltagsgeschichte", einer Geschichtsschreibung "von unten", die die Menschen und ihre alltäglichen Erlebnisse in den Vordergrund stellt, wurden Frauen aus den unterschiedlichsten Lebens- und Bildungszusammenhängen befragt. Das Interesse an ihrer Geschichte schien oft zu verwundern: "Diese unbekannten Frauen, "Durchschnittsfrauen", oder ganz normale Frauen, denen sonst niemand das Wort gegeben hat, waren oft überrascht, dass gerade sie und das, was sie erlebt haben, jemanden interessieren kann. In der Regel war es sogar zum ersten Mal, dass die Frauen nach ihrem Leben gefragt wurden."

Schatztruhe der Erinnerungen

Genauestens abgetippt sind an die 16 000 Normseiten erzählter Geschichte zusammen gekommen. Mit dieser wahren Schatzkiste an Material ist eine Basis gelegt, um weiteren Generationen ein zumindest realistischeres Bild einer ganzen Ära weiblichen Seins zu vermitteln. Pavla Frýdlová: "Gerade heute, im zusammenwachsenden Europa, bei der notwendigen Herausbildung einer europäischen Identität, darf die integrierende Kraft der von Mittel- und Osteuropoa historisch gewachsenen nationalen und kulturellen Frauenidentität nicht länger außer Acht gelassen werden."

(e_mu)