Standard: Wie sähe ein Kerneuropa aus?
Kohout: Wenn die Regierungskonferenz scheitert, ist es klar, dass es eine politische Bewegung einiger Länder in diese Richtung geben
wird. Das wird natürlich noch Zeit brauchen.
Es ist aber nicht so leicht, sich vorzustellen,
welche Themen diese Avantgardegruppe angehen könnte. Es gibt Schengen, es gibt den
Euro und nun gibt es auch die engere Zusammenarbeit bei der Verteidigung.
EU
Kohout im STANDARD-<b>Interview</b>: Kerneuropadebatte stört Erweiterung
Für Prags EU-Staatssekretär Jan Kohout belasten die Drohungen über das Scheitern des Verfassungsgipfel den Erweiterungsprozess.
Standard: Wie sehen Sie die Drohungen der EU-
Gründerstaaten, bei Scheitern des Verfassungsgipfels ein Kerneuropa anzupeilen?
Kohout:
Wir sehen das zum Teil als Verhandlungstaktik. Aber es ist auch Substanz dahinter, eine wirkliche Absicht. Aber es ist gerade jetzt kurz vor der Erweiterung problematisch, dass man sagt, eine EU der 25 ist nicht
funktionsfähig, also müssen wir weitergehen. Das belastet den Erweiterungsprozess. Es ist nicht leicht, das der Öffentlichkeit zu erklären.
Standard
: Wie würde Tschechien reagieren?
Kohout:
Wenn sich eine Avantgarde bilden
sollte, werden wir unser Bestes tun, um uns
anzuschließen. Es ist im historischen Interesse der Staaten in Mitteleuropa, nicht isoliert
zu sein. Und es ist im Interesse der mittelgroßen Länder, die Betonung nicht auf die Rolle
der Nationalstaaten zu legen, sondern auf die
Stärkung der EU-Institutionen. (jwo, DER STANDARD, Printausgabe 13./14.12.2003)