Die vom EU-Verfassungskonvent vorgeschlagene Regelung sieht vor, dass Entscheidungen im Ministerrat künftig von der Hälfte der Mitgliedsstaaten getroffen werden, wobei diese 60 Prozent der Bevölkerung repräsentieren müssen.
Madrid und Warschau beharrten aber auf der für sie vorteilhafteren Regelung des Nizza-Vertrags, der ihnen fast so viele Stimmen im Ministerrat einräumt wie dem mehr als doppelt so großen Deutschland. Spanien zeigte jedoch Willen zur Bewegung, Polen blieb hart.
Hänsch: Scheitern des Gipfels eindeutig Schuld Polens
Auch der Beobachter des Europaparlaments bei den EU-Verfassungsverhandlungen, Klaus Hänsch, gab der polnischen Regierung die Schuld am Scheitern des Brüsseler Gipfels. Warschau habe sich beim Brüsseler Gipfel "keinen Millimeter" bewegt, sagte Hänsch am Samstag gegenüber Journalisten. "Die politische Klasse dieses Landes ist offenbar noch nicht in der EU angekommen."
Scheitern versus Katastrophe
Wenn die Staats- und Regierungschefs sich nunmehr Auszeit geben würde und unter der irischen Präsidentschaft die Verfassungsverhandlungen fortsetzten, wäre dies nur "ein Scheitern", wenn auch das nicht vereinbart würde, wäre dies "eine Katastrophe".
Kerneuropa noch die "beste der schlechten Lösungen"
Sollten die EU-Gründerstaaten Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Länder nun ihre Ankündigung zur Schaffung eines integrationswilligeren "Kerneuropa" umsetzen, wäre das noch "die beste der schlechten Lösungen", sagte Hänsch. Viel gefährlicher wäre die Bildung von verschiedenen Gruppierungen. "Es kann so sein, dass das große Werk der europäischen Einigung zerfasert, zerfleddert und scheitert."
Anhebung der "doppelten Mehrheit"
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner erklärte am Samstag, ein Vorschlag der EU-Präsidentschaft habe eine Anpassung der "doppelten Mehrheit" auf 50 Prozent der Staaten und 70 Prozent der EU-Bevölkerung vorgesehen, um Spanien entgegenzukommen.