Nablus - Die palästinensische Dichterin Fadwa Tukan ist
am Freitag im Alter von 86 Jahren in Nablus gestorben. Sie wurde mit
Gedichten über das Leiden der PalästinenserInnen in den besetzten Gebieten
bekannt, widmete sich aber auch der Unterdrückung der Frauen in der
patriarchalischen arabischen Gesellschaft, mit der sie selbst bittere
Erfahrungen machte: In der fünften Klasse wurde sie von ihrem
ältesten Bruder gezwungen, die Schule zu verlassen, weil ein junger
Verehrer ihr eine Blume überreicht hatte.
Gefängnis als Klassenzimmer
Zu Tukans Glück entdeckte ein anderer Bruder ihre sprachliche
Begabung. Ibrahim Tukan, selbst ein Dichter, überhäufte seine
Schwester mit Büchern. "Ibrahim verwandelte mein Gefängnis in ein
Klassenzimmer", sagte Fadwa Tukan vor zwei Monaten in einem
Interview. Im Alter von 45 Jahren begann die Tochter aus gutem Hause,
an der britischen Universität Oxford englische Sprache und Literatur
zu studieren. Nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 wandte sie sich in
ihren Gedichten den Problemen der Palästinenser in den besetzten
Gebieten zu.
Fadwa Tukan wurde 1917 als Tochter einer wohlhabenden
palästinensischen Familie geboren. Sie starb unverheiratet und
kinderlos. (APA/AP)