Georg Duschinsky wurde deportiert und ermordet, seine Kunstsammlung beschlagnahmt. Zwei Bilder von Albin Egger-Lienz hängen nun im Leopold Museum, darunter "Waldinneres", eines befindet sich in Klagenfurt.

Foto: Katalog Leopold Museum
Nicht ganz freiwillig verkaufte Ernst Duschinsky 1952 drei Gemälde von Albin Egger-Lienz, die bis zum Herbst 1938 seinem Vater Georg gehört hatten. Die Erben fordern nun die Rückgabe. Zwei der Bilder hängen im Leopold Museum.


Wien/Klagenfurt - Eine tragische Geschichte wie abertausend andere: Im Oktober 1938 stellte die Gestapo in der Villa des Felle- und Raulederhändlers Georg Duschinsky in der Cottagegasse dessen Kunstsammlung sicher. Die Bilder und Objekte wurden der Zentralstelle für Denkmalschutz übergeben, fotografiert und an diverse Museen verteilt. Duschinsky, der sich zum Zeitpunkt des "Anschlusses" auf einer Geschäftsreise in London befunden hatte und daher nicht nach Wien zurückgekehrt war, wurde im Juli 1942 aus Nizza in das Lager Drancy verschleppt, am 2. September 1942 nach Auschwitz deportiert und dann ermordet.

Ende 1946 nahm dessen Sohn Ernst Duschinsky, Sergeant bei der britischen Armee, Kontakt mit dem Bundesdenkmalamt auf. Denn sein Vater hatte u. a. zwei Tafelbilder aus dem 15. Jahrhundert, ein Tonrelief aus dem 16. Jahrhundert und etliche Werke von Albin Egger-Lienz besessen: Totentanz, Waldinneres, Nach dem Friedensschluss und Vorfrühling. Zudem nahm er an, dass seinem Vater das Bild Kriegerwitwen und die Ölskizze Kopf eines bärtigen Bauern gehört haben dürften.

Die drei Kunstwerke aus dem 15./16. Jahrhundert und den Vorfrühling erhielt Duschinsky zurück. Auch die Ölskizze wurde nach langem Hin und Her im Juni 1953 restituiert. Diese Werke befanden sich im Salzbergwerk Altaussee und damit in der Zuständigkeit des Denkmalamts. Bei den übrigen vier Egger-Lienz-Bildern aber kam es zu folgenschweren Komplikationen.

Die Kriegerwitwen im Ferdinandeum stellten sich als Besitz von Camilla Kohn und/ oder Otto Hochstim heraus, Duschinsky zog daher seine Forderung zurück - obwohl sie wohl zu Recht bestanden hat, wenn auch auf eine andere Fassung: auf jene, die sich in Lienz befand, erworben durch den Reichsgau Kärnten. Auf diesen offensichtlichen Irrtum machte man Duschinsky aber nicht aufmerksam.

Nicht gerechtfertigt

Bei den Werken Totentanz, Waldinneres und Nach dem Friedensschluss wurde das Eigentum Duschinskys zwar anerkannt: Die Finanzlandesdirektion Steiermark ließ sie im Juli 1951 per Bescheid zurückstellen. Das Denkmalamt konnte die Bilder aber nicht restituieren, da diese in der Verwaltung des Landes Kärnten standen. Die Finanzprokuratur in Wien berief, die Finanzlandesdirektion Steiermark erließ einen neuen Bescheid. Das Land Kärnten forderte daraufhin 3000 Schilling Verwaltungs- und Erhaltungskosten. Ernst Duschinsky legte gegen diese sehr hohe Summe, die durch nichts gerechtfertigt schien, Berufung ein.

Am 9. Februar 1953 erließ das Finanzministerium einen weiteren Bescheid: Die drei Bilder seien auszufolgen - ohne Junktimierung mit einer Zahlung. Mit diesem Schriftstück bricht der Akt im Denkmalamt ab: DER STANDARD konnte in seiner Recherche "Das Gieren nach Albin Egger-Lienz", erschienen am 20. Oktober 2001, nur festhalten, dass die drei Kunstwerke in der Landesgalerie beziehungsweise im Landesmuseum Klagenfurt blieben. 1989 erwarb Rudolf Leopold Waldinneres und Nach dem Friedensschluss im Tausch gegen ein Selbstporträt von Anton Kolig. Sie befinden sich heute im Leopold Museum in Wien.

Doch die Causa geht aufgrund weiterer Quellen, die bisher nicht herausgegeben worden waren, sehr wohl weiter. Am 13. Juni 1952 bot das Amt der Kärntner Landesregierung Duschinsky aufgrund eines Schätzgutachtens insgesamt 12.500 Schilling für die drei Gemälde: 10.000 für den Totentanz, 500 für Waldinneres und 2000 Schilling für Nach dem Friedensschluss. Und man versicherte, auf die 3000 Schilling für Verwahrung und Erhaltung zu verzichten. Duschinsky willigte in den Kuhhandel ein. Allerdings bestand er auf 250 Pfund, damals 18.110 Schilling. Der Kaufvertrag wurde Ende 1952 unterfertigt.

Dem Erben war aber übel mitgespielt worden: Ein anderes Gutachten hatte allein den Wert von Totentanz auf das Doppelte, auf 20.000 Schilling geschätzt. Und am 9. Februar 1953 erließ das Finanzministerium, wie bereits oben erwähnt, den Bescheid, dass die drei Bilder ohne Gegenforderung auszufolgen seien. Aber da war es bereits zu spät.

Die in Manchester lebenden Erben nach Georg Duschinsky, vertreten durch den Wiener Anwalt Alfred Noll, fordern nun die Rückstellung. Das Amt der Kärntner Landesregierung sieht allerdings keinen Grund, dem Begehren stattzugeben: Es beruhe auf "einem offenkundigen Irrtum", da es ja einen "Ankauf von Kunstwerken" gab, der ordentlich verbucht wurde. Die Umstände, wie dieser Ankauf zustande kam, eben auf Druck (mit einer nicht gerechtfertigten Zahlungsforderung), waren Erika Napetschnig, Leiterin des Kulturamts und ehemalige Haider-Sekretärin, in ihrem Brief keine Zeile wert.

Auch zwei Vorstandsmitglieder der Leopold Museum Privatstiftung - Direktor Rudolf Leopold und Alfons Huber - meinen, dass alles seine Richtigkeit habe: Sie teilten Noll schriftlich mit, "dass es bereits 1947 zu einer einvernehmlichen Bereinigung mit den Erben nach Duschinsky gekommen" sei. (Tatsächlich aber kam es laut den Akten zur Vertragsunterzeichnung, siehe oben, erst Ende 1952!) Leopold hätte, schreiben Leopold und Huber, als er die Bilder Waldinneres und Nach dem Friedensschluss im Tauschweg erwarb, "keinen Anlass" gesehen, am rechtmäßigen Eigentum der Kärntner Landesgalerie zu zweifeln.

Klage angedroht

Dieser Satz wiederum lässt Alfred Noll sehr wohl zweifeln. Seiner Meinung nach hätte Rudolf Leopold sich die Provenienz der Bilder vor dem Erwerb lückenlos darlegen lassen müssen. Die Zweifel in Worte zu fassen versuchen Leopold und Huber aber zu unterbinden. Im Brief an Noll heißt es: "Darüber hinaus müssen wir Sie informieren, dass sich Herr Prof. Dr. Rudolf Leopold gegen Ihre Unterstellungen, er hätte gewusst, dass es sich bei diesen beiden Bildern um Raubkunst handle, entschieden verwahrt. Sollten Sie Derartiges gar verbreiten, hätten Sie mit rechtlichen Schritten zu rechnen."

Alfred Noll hofft trotzdem auf eine gütliche Einigung. Denn: "Wenn meine Klienten Millionäre wären, würde ich klagen. Aber sie sind alt und mittellos." (DER STANDARD, Printausgabe, 18.12.2003)