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Auf den irischen Premier Bertie Ahern warten jede Menge Herausforderungen als EU-Ratspräsident.

Foto: EPA/Paul Mcerlane/Reuters Pool
Allein aus Sicht Österreichs ist das EU-politische Jahr noch nicht ganz abgelaufen: Am Montag nämlich sollen in Brüssel noch die EU-- Umweltminister endgültig die von Wien unerwünschte Ökopunkte-Nachfolgeregelung beschließen. Verkehrsminister Hubert Gorbach (FPÖ) reist extra an, um die Kollegen in letzter Minute vielleicht noch davon abzubringen.

Aus der Sicht aller anderen EU-Staaten ist das enttäuschende EU-Semester unter italienischer Ratspräsidentschaft mit dem gestrigen Freitag und der mühsamen Einigung auf die neuen Fischfangquoten und den Schutz des vom Aussterben bedrohten Kabeljaus vorbei. Der kommende irische EU-Ratsvorsitz ist mit den ungelösten Fragen des abgelaufenen Jahres schon ausreichend vorbelastet und muss die Scherben aufsammeln: Nicht nur die EU-Verfassung ist vorläufig gescheitert und muss weiter verhandelt werden, auch der von den Staats- und Regierungschefs selbst gesetzte Termin für ein EU-Asylrecht ist ergebnislos verstrichen. Dass das EU-Parlament wegen der Neuwahlen im Juni schon im April seine gesetzgeberische Arbeit beendet, erlaubt den Iren auch nicht gerade besondere Dynamik. Einziger Trost für Premier Bertie Ahern: Er darf am 1. Mai die Feierlichkeiten zur EU-Erweiterung koordinieren.

Von 80 auf rund 150 Diplomaten hat Dublin seine EU-Botschaft in Brüssel vergrößert, um den Aufgaben einer EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Semester Herr zu werden. Besonderes diplomatisches Fingerspitzengefühl ist vor allem nötig, um die über die EU-Verfassung tief zerstrittenen Partner wieder zueinander zu bringen. Auf dem EU-Frühjahrsgipfel Ende März wollen die Iren darüber Bericht erstatten - mit echten neuen Verhandlungen rechnet in der EU vor dem Dezembergipfel unter Präsidentschaft der Niederlande ohnehin niemand.

Ein erster Schritt auf dem Weg dahin: Erst einmal muss Premier Ahern bei Italiens Premier Silvio Berlusconi herausfinden, wie dieser darauf kommt, dass auf dem gescheiterten Brüsseler Gipfel immerhin 82 Streitpunkte aus der Verfassung informell gelöst worden seien. Als EU-Ratspräsident hatte Berlusconi auf dem Gipfel die entsprechenden Fragen nicht offen am Tisch der EU-25, sondern in bilateralen Gesprächen mit jedem Land diskutiert.

Der Budgetbrandbrief der sechs Nettozahlerstaaten Österreich, Deutschland, Schweden, Frankreich, Großbritannien und Schweden hat das europapolitische Klima zudem belastet. Ende Jänner wird EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer den ersten Entwurf für die EU- Finanzperspektiven 2007 bis 2013 vorlegen und damit die Schlacht ums Geld offiziell einläuten. Richtig in Schwung werden die Budgetverhandlungen unter den Iren allerdings noch nicht kommen. Erfahrungsgemäß wird es erst ganz gegen Ende der möglichen Frist wirklich ernst: Das wäre im ersten Halbjahr 2006 - unter der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs. (DER STANDARD, Printausgabe, 20/21.12.2003)