Herbert Sausgruber, Vorsitzender der Landeshauptleute-
konferenz, warnt vor weiterer Sparbürde für die Länder

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Standard: Ist das Verhältnis zwischen Bund und Ländern angespannter denn je?

Herbert Sausgruber: Alle Gebietskörperschaften haben mit wachsenden Ausgaben und sinkenden Einnahmen zu kämpfen. Der Bund meint nun, die Länder hätten nicht so große Aufgaben, da gebe es Polster. Das ist leider nicht so. Das Verschieben von Lasten ist kein brauchbares Konzept.

Standard: Aus Finanzministerium und Staatsschuldenausschuss heißt es, man könne in den Ländern eine Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich einsparen.

Sausgruber: Eine massive Fehlmeinung. Man würde in die Qualität der Dienstleistungen eingreifen - im Gesundheitswesen, im Schulwesen, bei der Altenbetreuung. Noch eine Milliarde abzukassieren, um den Bund zu entlasten, das geht nicht. Eine Kuh mit fünf Metern ist zu lang.

Standard: Ein weiterer Vorschlag des Bundes: Länder und Gemeinden könnten in der Verwaltung 20.000 Posten einsparen.

Sausgruber: Alter Kaffee, der durch Wiederholung nicht besser wird. Die meisten Bediensteten arbeiten nicht in der klassischen Hoheitsverwaltung, sondern in Spitälern, Kindergärten, Schulen, Altenheimen. Mich giftet dieses miserable Diskussionsniveau. Man redet von "Verwaltung", würde aber direkt in die Qualität dieser Dienstleistungen eingreifen. Manche dieser Professorenvorschläge sind weit vom Leben weg und operieren mit Statistiken, die auch noch schlecht sind.

Standard: Ein weiteres Einsparungspotenzial wäre die Wohnbauförderung.

Sausgruber: Finger weg! Wir haben beim letzten Finanzausgleich dem Bund Mehreinnahmen zugestanden. Dafür hat man vereinbart, dass Wohnbauförderungsmittel zum Teil für die Infrastruktur und die Kioto-Ziel-Erreichung eingesetzt werden können. Jetzt kann man das nicht einfach vergessen. Diese Mittel sind Teil der Finanzmasse der Länder und werden dringend gebraucht.

Standard: Würde sich die Situation der Länder durch Kompetenzverschiebung in Richtung Bund, wie im Österreich- Konvent gefordert, verschlechtern?

Sausgruber: Wir erleben Zentralisierung meistens als stärkere Bürokratisierung und Verlust der Lebensnähe. Gefährlicher ist aber, dass man uns sagt: Jetzt macht ihr. - Und dann gibt man uns das notwendige Geld dafür nicht.

Standard: Denken Sie dabei an die Finanzierung der Lehrer?

Sausgruber: Beispielsweise. Da gibt es die Propagandaaussage, die Länder bestimmen eh über die Lehrer. Die Länder bestimmen über die Lehrer kein Zehntel. Die meisten Regelungen sind ja Bundesrecht.

Standard: Haben die Länder konkrete Reformvorschläge?

Sausgruber: Man würde einiges gewinnen, wenn man die Bundesgesetzgebung in einer Legistik zusammenfasst. Denn ein großer Teil der Überregulierung und Unverständlichkeit der Bundesgesetze ist auf den Lobbyismus der Ressorts zurückzuführen. Ein zweiter Vorschlag, aber eine schwierige Kiste: mehr Mitbestimmung der Länder bei der Bundesgesetzgebung.

Standard: Bis hin zum Vetorecht?

Sausgruber: Wenn man neue Kompetenzen überträgt, sicher; bei bestehenden Regelungen etwas Ähnliches wie den Konsultationsmechanismus; aber nicht nur bei Kostenübertragungen, sondern generell, wenn die Abläufe verkompliziert und verteuert werden. Das würde die Überregulierung hemmen.

Standard: Wie einig sind sich die Länder bei solchen Reformvorschlägen?

Sausgruber: Diese Überlegungen sind nicht akkordiert. Aber in den wesentlichen Fragen - wie der Übertragung der Lasten - sind wir uns einig. Wir können nicht noch einmal eine Milliarde drauflegen.

Standard: Der Kärntner Landeshauptmann Haider will die Steuerreform vorverlegen. Wollen das auch die anderen Landeshauptleute?

Sausgruber: Ich kenne nicht die Meinung aller. Ich wäre auf jeden Fall vorsichtig, zu große Teile vorzuziehen oder den Gesamtbetrag zu erhöhen. Das macht zwar das Paket schöner, vergrößert aber die Gefahr notwendiger Steuererhöhungen.

Standard: Das heißt, die Österreicherinnen und Österreicher müssten die Reformen mit Sparpaketen bezahlen?

Sausgruber: Ja sicher. Das war ja schon einmal da - das sollte man nicht wiederholen. (Jutta Berger/DER STANDARD, Printausgabe 31.12.2003)