Coverfoto: Capitol/EMI
Lady: Keren Ann (eigentlich K. A. Zeidel), eine der Hauptvertreterinnen der seit den 90er Jahren blühenden "Nouvelle Scène" des französischen Chanson-Pops. Ihre beiden Alben "La Biographie des Luka Philipsen" (2000) und "La Disparition" (2002) wurden gerühmt für ihren in stiller Schönheit schwebenden Sound, der im wesentlichen auf eine Akustikgitarre und Anns sanfte Stimme reduziert bleibt und stark an Françoise Hardy erinnert - genauer gesagt an die Françoise Hardy vor dreißig Jahren. Keren Anns nächstes Album "Not Going Anywhere" erscheint im Februar und wird mit ziemlicher Sicherheit an dieser Stelle rezensiert werden.

Bird: Bardi Johannsson, Mitglied der isländischen Gruppe Bang Gang, die zu Beginn ihrer Karriere auf Surf-Pop setzte. Später, zum Solo-Projekt Johannssons geschrumpt, schien Bang Gang Brian Wilsons Rückzug in ein privates Universum nachvollziehen zu wollen, könnte man fast folgern: Balladen voller Düsternis und Melancholie bestimmten nun den Sound, vorgetragen zumeist von Gastsängerinnen wie Nicolette - und auch Keren Ann (zu hören auf dem ebenfalls 2003 erschienenen Bang Gang-Album "Something Wrong" - inklusive einer halbschnellen Beach Boys-Version des Tanzklassikers "Stop! In the Name of Love").

On the seventh day she looked out at me and said:
"I am Lady", and the boy said:
"I am Bird, but I cannot fly."

"Lady & Bird" ist ein Seitenprojekt Anns und Johannssons, die die Zusammenarbeit bereits gewohnt waren - die intensivierte Kooperation wurde schließlich mit einer Art Konzeptalbum besiegelt, auf dem das virtuelle Märchen von Lady und Bird gleich durch mehrere Songtexte spukt. Ein wenig wie "Nancy & Lee", bloß in deutlich abgeregterer Form.

Das Ergebnis der musikalischen Ehe ist erstens: sehr ruhig. Zweitens: sehr, sehr ruhig. Und changiert drittens zwischen Folk-beinflusstem Pop, wie er in den 60ern typisch war, und Sphärenklängen à la Sigur Rós (wobei an dieser Assoziation die Island-Connection natürlich nicht unschuldig ist). Und eine weitere Fährte führt auch zu Air in deren stilleren Minuten - speziell wenn Lady & Bird ihre Geschichte als Hörspiel elektronisch verzerrter Stimmen inszenieren.

Suicide is painless, it brings on many changes
and I can take or leave it if I please ...

Zwei der zehn geisterhaften Balladen - alle Texte werden übrigens auf Englisch gesungen - sind Coverversionen und illustrieren zugleich Anns und Johannssons musikalische Bezüge auf die Zeit der späten 60er und frühen 70er Jahre: Velvet Undergrounds "Stephanie Says" gibt Ann die Chance, die spezielle Klangfarbe ihrer Stimme zur Geltung zu bringen.

Und das alte M*A*S*H*-Titellied "Suicide Is Painless" schließlich, inklusive dezentem Hubschrauber-Geknatter und in der vierstrophigen Variante, klingt in seinen engelhaften Vokal-Harmonien, als wäre es von den Carpenters persönlich gesungen. Bloß hätten die natürlich niemals einen zynischen Text über die Lippen gebracht.

... and you can do the same thing if you please ...

(Josefson)