Eindringliche Bilder über ...
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... das allmähliche Entstehen weiblichen Selbstbewusstseins.
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Moufida Tlatli reflektiert die Bedingungen von Eigensinn ...
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... und Mühsal.
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Der 2000 entstandene, erst jetzt in unsere Kinos kommende Streifen "Zeit der Männer, Zeit der Frauen" der tunesischen Filmkünstlerin Moufida Tlatli behandelt die Sehnsüchte ganz gewöhnlicher Menschen in Umbruchszeiten - ein schillerndes Kleinod.


Wien - Ein Tag am Meer: eine kleine befreiende Ausflucht für die Protagonistinnen eines Films, der sich mit sozialen Räumen auseinander setzt, die im Kino immer noch ein Schattendasein fristen: Wie in ihrem viel beachteten Spielfilmdebüt Das Schweigen des Palastes bindet die tunesische Regisseurin Moufida Tlatli auch in Zeit der Männer, Zeit der Frauen (La saison des hom- mes) die Erzählung an einen konkreten Ort, der zugleich die Erinnerungen und Sehnsüchte seiner Bewohnerinnen bewahrt und wieder freisetzt.

Aicha (Rabiaa Ben Abdallah) kommt mit ihrem kleinen Sohn, den erwachsenen Töchtern und ihrer Schwägerin aus Tunis in den verlassenen Familiensitz auf der Insel Djerba zurück. Bald wird klar, dass es sich dabei nicht um die Rückkehr in ein früheres Idyll handelt. Das Haus, in dem die Frauen und der kleine autistische Bub nun Zuflucht finden, haben sie zuvor viele Jahre lang als Gefängnis empfunden: ein Wohnsitz von Frauen, die auf den einen Monat warten, in dem ihre Männer zum Heimaturlaub von ihren fernen Arbeitsstätten anreisen. Ein Ort, geprägt von patriarchalen Traditionen und streng verwaltet von Aichas Schwiegermutter, gegen deren systemerhaltendes Regiment die nächste Generation nur zaghaft aufbegehrt und von dem sich erst die darauf folgende langsam und unter Mühen befreien wird.

Moufida Tlatli hat lange als Cutterin gearbeitet und setzt auch in ihrem zweiten Film, der bereits im Jahr 2000 fertig gestellt wurde und nun erst bei uns ins Kino kommt, stark auf das erzählerische Vermögen der Montage. Sie fasst die Geschichte von Aicha, die ihrem Mann schließlich die ersehnte Übersiedelung nach Tunis abtrotzt, von Zeineb (Sabah Bouzouita), deren Mann sich offenkundig längst nach Frankreich abgesetzt hat, oder von Meriem (Ghalia Ben Ali) und Emna (Hend Sabri), Aichas Töchtern, in elliptische Bögen.

Die Figuren und einzelne Motive bleiben manchmal etwas vordergründig - andere, alltäglichere Verrichtungen oder Zusammenhänge werden umso deutlicher. Vergangenheit und Gegenwart sind hier gleichermaßen präsent. Die Zukunft bleibt ein hoffnungsvoller Ausblick. (DER STANDARD, Printausgabe vom 5.1.2004)